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Seite:HansBrassTagebuch 1945-02-27 001.jpg

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hinauf zu Seebergs, ich gab ihm die Cigaretten für Erika mit. Er wird nachher bei uns vorbeikommen u. wird uns berichten. – Merkwürdig war, daß in dem Augenblick, als ich mit Ziel vor unser Haus trat, drüben auf der anderen Seite eine fremde Dame, wahrscheinlich ein Flüchtling, mit einem großen, schwarzen Neufundländer in der Richtung nach Seebergs hin, (also in Richtung Kurhaus) ging u. dieser Hund sah dem vor einiger Zeit gestorbenen Seeberg'schen Neufundländer Basso zum Verwechseln ähnlich. Der Hund ging vor Dr. Ziel her als wollte er ihn führen. Ich habe diesen Neufundländer bisher hier noch nie gesehen, ich werde acht haben, wohin er gehört.

     Gestern wurde bekannt, daß uns nun auch Aegypten den Krieg erklärt hat. Diese Kriegserklärung hat dem aegypt. Ministerpräsidenten das Leben gekostet, er wurde ermordet.

     Die Offensive der Anglo-Amerikaner scheint Fortschritte zu machen. Sie haben ungeheuer starke Luftstreitkräfte eingesetzt, schon seit mehreren Tagen, neulich 6000 Flugzeuge, kürzlich wieder 5500 über ganz Deutschland u. jetzt nicht weniger unmittelbar hinter u. über unserer Front. Das alles deutet darauf hin, daß es diesmal auf's Ganze gehen soll.

     Eben um 10 Uhr kommt Dr. Ziel von Seebergs zurück. Seeberg ist bewußtlos. Dr. Meyer war heute früh da u. meinte, es handele sich um eine Gehirnblutung, es könne höchstens noch einige Stunden dauern u. er werde das Bewußtsein nicht wiedererlangen. Dr. Ziel hat nur Erika gesprochen. Seebergs sind gestern abend noch bei Frau Höffer zu Besuch gewesen bis 1/2 11 Uhr u. er war dort noch frisch u. gesund, gegen 1/2 12 Uhr habe dann der Anfall begonnen. – Es ist ein unheimlicher Gedanke, daß S. noch am Abend bei Frau Höffer war u. dort seine gewohnten, leichtfertigen u. oft frivolen Späße gemacht hat während sich heimlich in seinem Gehirn schon der Zustand vorbereitete, der dann zur Katastrophe führte.

     Nach allem, was Dr. Ziel sagte, ist es gut, daß weder ich noch Paul persönlich bei S. waren. Frau S. hat sich auch von Dr. Ziel nicht sprechen lassen. Wir hätten sehr gestört. Er wird am Spätnachmittag nochmals hingehen u. wird uns Bescheid sagen, wie es dann steht.

Dienstag, 27. Febr. 1945.     

     Erich Seeberg ist gestern morgen um 10 Uhr gestorben, er muß also gestorben sein, gleich nachdem Dr. Ziel dort war, oder gar in diesem Augenblick. – Paul war gestern Nachmittag dort u. brachte uns Nachricht. Frau S. ist, wie nicht anders zu erwarten war, sehr ruhig u. gefaßt.

     An der Westfront machen die Anglo-Amerikaner weiter Fortschritte, es scheint immer mehr, als ob der Zusammenbruch unserer Front unmittelbar bevorstände.

     Seit einiger Zeit sind die Amerikaner auch gegen Japan in vollem Angriff. Sie haben Manila u. mehrere sonstige Inseln u. bombardieren Tokio schwer.

     Gestern war wieder ein schwerer Tagesangriff auf Berlin mit 1200 Flugzeugen.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-02-26. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-02-27_001.jpg&oldid=- (Version vom 4.9.2024)