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Seite:HansBrassTagebuch 1945-03-01 001.jpg

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Vor=Gestern soll der Tagesangriff auf Bln. wieder sehr schwer gewesen sein: Alexanderplatz, Görlitzer Bhf u. Nord=Kreuz. Im Westen machen die Anglo-Amerikan. gute Fortschritte u. es ist zu hoffen, daß diese Front dort bald zusammenbricht. –

Donnerstag, 1. März 1945.     

     Der Vortrag über Lukas gestern Abend war wieder ein starker Erfolg. Diese Vorträge werden sehr segensreich sein. –

     Gestern hörte Paul am Radio, daß die Lebensmittel-Rationen, die schon längst nicht mehr ausreichend sind, noch weiter gekürzt werden sollen. Der Hunger wird immer fühlbarer. Dabei muß ich acht geben, daß Grete, die sich gern das Leben bequem macht nicht auch noch unsere Lebensformen verproletarisiert. Seit einigen Tagen hat sie angefangen, das Essen einfach im Kochtopf auf den Tisch zu bringen, was ich mir heute sehr energisch verbeten habe.

     Nachrichten habe ich seit 2 Tagen nur schlecht gehört. Heute hörte ich nur Richtlinien an die Bevölkerung in Trier, von den Amerikanern ausgegeben, wie sie sich verhalten sollten. Sie wurden aufgefordert, sich nicht evakuieren zu lassen, in die Keller zu gehen u. sich mit Lebensmitteln zu versorgen. Die Offensive im Westen scheint demnach weiterhin Fortschritte zu machen. – Inzwischen spricht sich mehr u. mehr durch, daß die Russen sich höflich u. anständig benehmen u. alle Gräulpropaganda haarsträubende Lüge ist.

Freitag, 2. März 1945.     

     Gestern Abend Brf. v. Fritz, Nr. 12. v. 22.2. Es fehlt also Nr. 11. u. ebenso immer noch Nr. 9. – Brf. Nr. 11. ist offenbar sehr wichtig gewesen, er wird neue Veränderungen enthalten haben, insbesondere die neue Feldpost-Nummer 41050, die ich nun bloß der Absenderangabe auf dem Briefumschlag entnehme.

     Er schreibt, daß er nun doch fortgekommen sei aus dem schönen Schwarzwald, offenbar ist aus dem Volkssturm nichts geworden. Sehr schade; aber Gott wird schon wissen, warum. Im Schwarzwald hat er gute u. ruhige Tage verlebt, kein Artilleriebeschuß u. keine Jagdbomber. Er war 10 Tage in Buchenbach auf dem Hitzenhof bei einem wohlhabenden Bauern in einer herzensguten Familie. Er schreibt, sie seien dort förmlich überfüttert worden, täglich wurde für die Soldaten Kuchen gebacken, täglich Pudding u. viel Milch; die Töchter waren nett u. einfach, noch nicht verwildert. Am Sonntag waren alle früh um 7 Uhr im Hochamt, alle in ihren Trachten u. sehr stolz, daß Kaplan Stegmiller das Hochamt zelebrierte. –

     An diesem Sonntag war Fritz dann noch in Hinterzarten bei Frau v. Wolff, worüber er in Brf. Nr. 11. ausführlich berichtet hat. Vielleicht werden wir ihn noch bekommen. Jetzt scheint sich Fritz am „Kaiserstuhl“ zu befinden, ich weiß nicht, wo das ist, es scheint dicht am Rhein zu sein. Seine neue Einheit besteht aus einem sog. Bewährungsbtl. u. einem Sicherungsregiment. Er ist wieder im Einsatz, aber es ist nicht anzunehmen, daß der Feind an dieser Stelle einen Rheinübergang vornehmen wird. –

     Von uns hat er die letzte Nachricht vom 28.1. Durch die Auflösung seiner bisherigen Feldpostnummer 43661.

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Hans Brass: TBHB 1945-03-01. , 1945, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-03-01_001.jpg&oldid=- (Version vom 14.8.2024)