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Seite:HansBrassTagebuch 1945-03-03 001.jpg

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wird wahrscheinlich sehr viel Post verloren gehen oder zurückkommen. Seine bisherige Einheit ist ja auf drei verschiedene Divisionen aufgeteilt worden. – Die Verpflegung ist noch immer reichlich, während wir hungern. Benzin gibt es nicht, die Wagen werden einfach stehen gelassen, bis jemand sie abholt. Bei der Abschlepperei mit Pferden werden die Wagen noch weiter ruiniert, u. da das immer bei Nacht geschehen muß wegen der Fliegergefahr, bleiben viele Wagen im Graben liegen.

     Vorgestern kam übrigens eine Verfügung, daß alle noch irgendwo vorhandene Autoreifen abzugeben sind. So werden also wohl auch die Reifen von Fritzens Wagen abmontiert werden, falls es dazu überhaupt noch kommt. Meistens erledigen sich solche Sachen ja mit der erlassenen Verfügung, zur Ausführung kommt es gewöhnlich nicht.

     Gestern Nachmittag setzte sehr starker Sturm ein, der über Nacht zwar etwas nachgelassen hat, aber immer noch heftig genug ist. Es ist daher kalt im Seezimmer, in dem ich Vormittags arbeite, seitdem Küntzels in meinen Zimmern wohnen. Wenn es erst wieder wärmer sein wird, werde ich wieder ins Atelier ziehen u. dort arbeiten.

Sonnabend 3. März 1945.     

     Abends 10 Uhr bei der Kerze. – Nachmittags um 4 Uhr wurde Erich Seeberg beerdigt. Man hatte gehofft, Ando aus Graudenz mit dem Flugzeug herauszuholen, doch ist das offenbar nicht gelungen. – Die offizielle Rede hielt ein Theologe aus Greifswald, der ganz hervorragend u. sehr wissenschaftlich sprach u. einen großen Ueberblick über die Persönlichkeit des Verstorbenen als Kirchenhistoriker gab. Anschließend sprach ein junger Marinepfarrer aus Swinemünde als Vertreter der Schüler Erich Seebergs u. Nachfolger Bengt Seebergs in Swinemünde, der in der Hauptsache über Bengt sprach. Ihm folgte Dr. Ziel für die Freunde Seebergs u. zum Schluß Prof. Curschmann aus Rostock als Freund u. Arzt. Alle diese Reden hatten ein bedeutendes Niveau, aber die ganze Feier war anstrengend, sie dauerte von 4 – 6 Uhr. – Frau S. benahm sich bemerkenswert gut. Es war sehr hübsch, daß man dem Sarge gegenüber das große Bildnis von Reinhold S. aufgehängt hatte. Mit Erich ist nun nach dem Tode Bengts diese Theologen=Tradition erloschen.

     Abends kam Brf. Nr. 11. von Fritz vom 18.2., mit der neuen Feldpost-Nummer. Da der letzte Brf., den er von uns bekommen hat, vom 28. Jan. war, werden wohl alle Briefe der letzten 4 Wochen verloren gehen.

     Er schreibt, daß seine neue Einheit bei Straßburg eingesetzt werden solle, wenn sich das nicht inzwischen wieder geändert hat, müßte also der Brf. Nr. 12. vom 22.2. aus dieser Gegend geschrieben sein. – Dieser Brf. Nr. 11. v. 18.2. ist noch aus dem Schwarzwalde geschrieben, am Abend eines Sonntags, an dem er mit einem geliehenen Fahrrad nach Hinterzarten zu Frau v. Wolff gefahren war u. nun sehr beglückt von diesem Ausflug zurückgekehrt war. Er war von Mittags 12 bis Nachm. 6 Uhr dort, wo man ihn offenbar

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Hans Brass: TBHB 1945-03-02. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-03-03_001.jpg&oldid=- (Version vom 14.8.2024)