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Seite:HansBrassTagebuch 1945-03-05 001.jpg

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überaus herzlich aufgenommen hat. Besonders scheint er von der Tochter Maria v. Wendelstadt eingenommen gewesen zu sein, die nach Martha's Urteil sehr nett sein soll, – ich kenne sie nicht. Außerdem schreibt er von einem Onkel, vermutlich dem Bruder des Barons v. Wolff, der, wie Fr. schreibt, „Dich“ gut kannte. Leider ist nicht ersichtlich, ob damit Martha oder ich gemeint ist, – wir können uns beide nicht besinnen, ihn zu kennen. –

     Im Westen scheint die Offensive rasch voran zu gehen. M=Gladbach u. Trier sind erobert, heute auch Krefeld. Es scheint, daß die ganze Verteidigung von Bonn an bis Wesel zusammengebrochen ist u. unsere Truppen in ziemlicher Verwirrung über den Rhein zurückgehen. – Im Osten haben die Russen neue Fortschritte in Pommern gemacht, wo sie von Süden her gegen Köslin vorstoßen. Sie werden dort wohl erhebliche Teile unserer Truppen östlich Köslin wieder abschneiden.

     Gestern Abend besuchte mich kurz Ferdinand Bierwirth, der nun zum 2. male mit seinem Schiff untergegangen u. gerettet worden ist, diesmal vor Swinemünde, wo sie auf eine russ. Mine gelaufen sind. Er sah noch recht mitgenommen aus.

     Heute Nachm. war Kurt Spangenberg da u. erzählte von der erheblichen Verwirrung, die in Schwerin herrscht. Der Hunger nimmt überall rasch zu, auch hier bei uns. Es wird von nun ab nur noch 1/2 Pfund Butter im Monat geben, die Brotrationen werden weiter gekürzt, ebenso alles Uebrige. Es gibt kein Salz.

     Bei der Beerdigung begrüßte uns Partikel, der mit dem Rad von Königsberg gekommen ist u. sehr elend aussieht.

     Seit Wochen ist das Telephon eingeschränkt, jetzt ist es gänzlich eingestellt. – Von Else gestern ein Brief, sie hat weder meinen letzten Brief erhalten, noch Briefe, die Küntzels geschrieben haben. – Eva Küntzes, die bei ihrer Schwester Inge in der Gegend von Senftenberg ist, will von dort weg, um nach Rostock zu kommen, wo ein ihr bekannter Arzt sie aufnehmen will zu ihrer Entbindung. – Es ist Elend über Elend, unser Ort wird immer voller.

Montag, 5. März 1945.     

     Gestern Nachmittag Herr + Frau Prof. Triebsch zum Tee im Seezimmer. Es war anregend u. nett, besonders die Frau, die ich sehr gern mag. Wir sprachen noch viel von Seebergs Beerdigung, wobei sich Triebsch besonders über die Bemerkung des Dr. Ziel in dessen Rede gefreut hat, daß Erich S. stets ein treuer Freund gewesen sei u. sich von solcher Freundschaft auch nicht zurückgezogen habe, als dieselbe in den Augen der Nazis anstößig geworden war. Es war das auf Herrn + Frau Dr. Dross gemünzt gewesen, die früher mit Ziels eng befreundet gewesen u. sich mit ihnen sogar geduzt hatten, aber seit 1933 diese Freundschaft brüsk abgebrochen haben. Frau Dr. Dross war bei der Rede zugegen u. jeder wußte, wie das gemeint war. –

     Gestern Abend wurde bekannt, daß die Anglo-Amerik. jetzt fast das ganze westl. Rheinufer nördlich Bonn besetzt haben, unsere Truppen sind überall in ziemlich hastigem Rückzug über den Rhein bis nach

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Hans Brass: TBHB 1945-03-03. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-03-05_001.jpg&oldid=- (Version vom 14.8.2024)