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Seite:HansBrassTagebuch 1945-03-18 001.jpg

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gehalten hat u. in der er das Ende des Krieges wiederum etwas hinausgeschoben hat auf den Spätsommer, doch „vielleicht auch früher“. Er meinte, der Krieg würde entweder mit der totalen Niederlage Deutschlands enden, oder mit einem totalen Chaos in Deutschland. v. Salis erwähnte ferner, es ginge das Gerücht, Feldmarschall v. Rundstedt habe an Eisenhower gewisse Angebote gemacht. Auch dieses Gerücht wurde dementiert, aber die amerikan. Regierung habe verlautbart, daß Eisenhower, bzw. Amerika, bereit seien, die Kapitulation größerer Heeresverbände oder ganzer Armeen anzunehmen, jedoch käme deshalb noch kein Waffenstillstand in Frage. Von dieser Verlautbarung hatte ich bereits 2 – 3 Tage vorher gehört u. sie ist auffällig genug. Solche Verlautbarungen macht man nicht, es sei denn, sie wären die Antwort auf eine voraufgegangene Anfrage. – Es muß also trotz aller Dementis etwas dergleichen geschehen sein. Ein nicht zu unterschätzendes Argument soll dabei von uns in die Wagschale geworfen worden sein. Man hat von unserer Seite darauf hingewiesen, daß bei einem allgemeinen Chaos in Deutschland die Existenz von 10 Millionen Fremdarbeitern u. aller Kriegsgefangenen auf dem Spiele stände, – u. das ist richtig. Möglicherweise hat Churchill darauf angespielt, wenn er von der totalen Niederlage oder dem Chaos sprach. Die Niederlage würde dann so zu verstehen sein, daß die Armeen von sich aus kapitulieren, – u. möglicherweise wollte er seinen Parteigenossen mit dem Worte Chaos die Gefahr andeuten, die in einem solchen Kriegsende auch für die Alliierten liegt. –

     Abends war Frau Dr. Daubenspeck da, die wie immer sehr viele Neuigkeiten wußte. Sie war in Ribnitz beim Zahnarzt gewesen, doch mußte sie unverrichteter Dinge wieder zurückkommen, da es keinen Strom gab u. in Ribnitz kein Mensch arbeiten konnte. Es gab weder Wasser, noch konnten elektr. Instrumente betrieben werden. Dafür sah sie einen Flüchtlings-Treck von 35 km. Länge durch die Stadt ziehen. Sie sprach mit einem Bauern, der laut die Nazis verfluchte. Besonders bemerkenswert war, daß sich in diesem Treck zahlreiche französ. Kriegsgefangene befanden, die also ebenfalls vor den Russen flohen.

Passions-Sonntag 18. März 1945.     

     Ueber die Friedensfühler in Stockholm wird weiter bekannt, daß ein Dr. Hesse von Ribbentrop mit der Sache betraut worden war. Dabei ist von unserer Seite die unverschämte Behauptung aufgestellt worden, daß nur allein Hitler u. Himmler das deutsche Volk von der Fortsetzung des Krieges abhalten könnten. Solche Frechheit ist wirklich bodenlos: Hitler u. Himmler sind also die Unschuldslämmer, die allein im Stande sind, die Kriegswut des Volkes zu dämpfen.

     Die Amerikaner haben den Hundsrück überquert u. stehen jetzt im Nahetahl. Damit bedrohen sie die ganze Westwallstellung zwischen Saarbrücken u. dem Rhein im Rücken. –

     Heute wieder kein Strom, erst um 1 Uhr gab es Licht. Gestern abend ging das Licht schon um 1/2 8 Uhr aus.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-03-17. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-03-18_001.jpg&oldid=- (Version vom 16.8.2024)