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Seite:HansBrassTagebuch 1945-03-27 001.jpg

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vorwärts. Die Amerikaner haben gestern Darmstadt eingenommen u. heute sind sie bereits östlich davon über dem Main u. haben Aschaffenburg genommen. Es ist das ein langer, ziemlich dünner Schlauch, den sie da vorgetrieben haben, der hoffentlich nicht zu Rückschlägen führt; aber offenbar haben wir in diesem Abschnitt nur schwache u. zweitklassige Truppen nach der Art, wie die Einheit von Fritz. – Auch die Russen treiben nun ihre Offensive von Ungarn her vorwärts mit der Richtung auf Wien. –

     Heute früh erschien ein Frl. Peschke aus Berlin. Sie brachte einen Brief von Hans Monheim, der uns bat, ihr behilflich zu sein. Frl. P. solle mit ihren Eltern, – der Vater ist vom 1. Weltkriege her blind, – im Hause Monheim wohnen. Frl. P. war gestern in Barth gewesen, um irgend welche geschäftl. Dinge für die Firma Monheim zu erledigen u. ist dann gestern Abend nach Prerow gefahren, um von dort zu Fuß hierher zu kommen. Sie hat sich dann im Walde verirrt u. hat die ganze Nacht im Walde zugebracht. Heute früh ist sie beim Herm-Göringhaus herausgekommen u. ist dann hierher gewandert.

     Wir gaben ihr heißen Kaffee u. dann ging sie mit Paul zum Monheim-Hause, wo sich ergab, daß in diesen letzten Tagen noch eine vierköpfige Familie untergebracht worden war, wovon wir aber nichts wußten. Immerhin könnte unten in der großen Halle u. in dem einen Zimmer noch ganz gut die Familie Peschke wohnen; aber die große Schwierigkeit ist die, daß sich nur ein elektr. Kochherd im Hause befindet, auf dem nun schon 2 Familien kochen müssen. Bei der ewigen Absperrung des Stroms ist das natürlich äußerst schwierig. –

Dienstag, 27. März 1945.     

     Gestern war wieder sehr schönes Wetter, das ich benutzte, um das Gestrüpp von der Straße zu beseitigen, das seit dem letzten Herbst dort herumlag, als die Gemeinde die Bäume auslichten ließ, um Brennholz zu gewinnen. Auf unserer langen Front war das eine sehr anstrengende Arbeit. Die zusammengeharkten Blätterhaufen brachte ich heute in den Vordergarten vorm kleinen Haus, wo ich sie eingraben will. Paul half mir dabei. Nun sieht wenigsten die Straße sauber u. österlich aus. Diese Arbeit hat auf andere ansteckend gewirkt, ich sah heute vor mehreren anderen Häusern die Leute mit der gleichen Arbeit beschäftigt. Das Dorf machte wirklich schon einen verwahrlosten Eindruck, da überall dieses Gestrüpp herumliegt. – Das Wetter ist heute trübe u. es ist recht kühl geworden, ich werde heute wieder heizen müssen.

     Frl. Peschke ist heute früh wieder abgefahren. Sie war ein sehr nettes Mädchen. Studentin der Medizin, mit einem Medizin Studenten verlobt, eine eifrige Katholikin.

Mittwoch, 28 März 1945     

     Bisher hatte man immer noch erwartet, daß es Kesselring gelingen würde, irgend welche kampffähige Reserven im Westen zusammen zubringen. Auch die Anglo-Amerikaner hatten das erwartet u. von einer bevorstehenden Entscheidungsschlacht gesprochen, doch scheint es so, als wäre davon nun keine Rede mehr. Die Ango-Amerikaner strömen in

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Hans Brass: TBHB 1945-03-26. , 1945, Seite 003. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-03-27_001.jpg&oldid=- (Version vom 6.9.2024)