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Seite:HansBrassTagebuch 1945-03-30 001.jpg

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ist aber bereits gestern Abend als von den Russen erobert gemeldet worden.

     Von Pfr. Dobczynski bekam ich gestern Antwort auf meine Anfrage betr. Todesfall der Frau Krauss. Er bedauert es überaus, ihr die hl. Sterbesakramente nicht spenden zu können, aber er darf noch nicht Radfahren. Die Belastung ist für ihn jetzt wieder übergroß. Er bringt aber wenigstens das hl. Meßopfer für d. Kranke dar. Wenn er eine geeignete Person hätte, die er herschicken könnte, würde er mir eine hl. Hostie senden, damit ich sie der Kranken geben könnte, – das wäre sehr schön, aber es ist niemand da, dem er das kostbare Gut anvertrauen könnte.

     Ueber den Beerdigungsritus schreibt er mir, ich solle zuerst den Ps. 129 beten, sodann soll ich vielleicht aus der Totenmesse einige passende Gebete u. den Ps. 50 u. das Benediktus sprechen u. die Leiche oder den Sarg sowie das Grab selbst mit Weihwasser segnen mit den Worten: „Dieses Grab sei eingesegnet im Namen des Vaters ...“ – Das dreimalige Werfen von Erde ins offene Grab wird mit den Worten begleitet: „Aus Erde hast du mich gebildet, mit Fleisch mich umkleidet: erwecke mich am jüngsten Tage, Herr, mein Erlöser!“ – Zum Schluß das Salve Regina.

     Nun, diese Beerdigung wird eine schwere Aufgabe für mich werden.

     Heute Nachmittag kamen zwei Päckchen von Fritz, - das eine enthielt Bücher: Franz von Assisi von Jos. Bernhart, sodann zwei Reinh. Schneider: Die dunkle Nacht, u. der Dichter vor der Geschichte., dazu noch etwas Tabak. Das Andere enthielt ein Paketchen „Baku“-Kinderkost. –

     Gestern war eine Frau aus Niehagen, – eine Flüchtlingin aus Ostpreußen bei mir. Ihre Mutter ist gestorben, 86 Jahre, u. es ist kein Pfarrer da, sie zu beerdigen. Sie ist katholisch. Ich konnte ihr nur sagen, daß sie sich an den Pfarrer von Marlow wenden soll. – Heute kam sie wieder. Der Pfarrer kann natürlich nicht kommen. Sie fragte, ob ich die Mutter nicht beerdigen könnte. Aber wie soll ich das, da die Frau doch in Wustrow beerdigt wird u. ich so weit garnicht laufen kann! – Sie klagte, daß sie hier Sonntags nicht zur Kirche gehen kann u. sagte, wenn sie doch bloß hier wieder fort könnte, sie kann nicht ohne Kirche sein.

Karfreitag, 30. März 1945.     

     Eben haben wir die Karfreitag-Liturgie gelesen. Es waren viele Menschen da. Frau Korsch war mit ihren beiden Jungens da u. brachte Frau Ranke mit, die jüngste Tochter von Frau Krauss, die gestern die Nachricht erhalten hat, daß ihr Mann gefallen ist. Er war, glaube ich, aktiver Offizier, das Ehepaar war wohl noch ziemlich jung verheiratet. Sie ist eine sehr gute junge Frau. Durch diesen heftigen Schmerz wurde uns allen die Karfreitagsfeier sehr vertieft, die schmerzliche Trauer teilte sich uns allen mit. – Neuerdings gehören zu den regelmäßigen Gottesdienst-Teilnehmern die beiden ältesten Jungens der Frau Ribinsky, die sich auffällig tadellos benehmen. Die jüngere Schwester der Frau R. kommt auch regelmäßig u. bringt die Jungens mit. Die treuesten Teilnehmer sind jetzt aber Degeners aus Breslau.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-03-29. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-03-30_001.jpg&oldid=- (Version vom 6.9.2024)