Zum Inhalt springen

Seite:HansBrassTagebuch 1945-04-04 001.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

des Generalfeldmarschall Modl. Am Stadtrand von Münster u. von Kassel wird gekämpft, einzelne Feindpanzer haben Vorstöße bis nach Erfurt gemacht.

     Die Russen haben die ungar.=österr. Grenze überschritten, nördl. d. Donau stehen sie 45 km. vor Preßburg.

Mittwoch, 4. April 1945.     

     Am Ostermontag 3 Uhr früh ist Frau Kraus (die sich mit nur einem s schrieb) verstorben, ohne vorher das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Morgen soll sie nachmittags 4 Uhr beerdigt werden. Die Ansprache u. was sonst zu tun ist, habe ich bereits vorbereitet, da ich schon dachte, daß es nachher drängen würde, denn am Donnerstag soll ja in der Kirche in Prerow ein Hochamt stattfinden, da ist dann keine Zeit mehr. Heute muß ich den Vortrag heute Abend vorbereiten.

     Gestern waren Herr + Frau Soehlke da. Er wie seine Frau sind sehr vernünftig, die Frau ist entschlossen, in jedem Falle hier zu bleiben u. er wird dann, wenn der endgültige Zusammenbruch da ist, ebenfalls versuchen, hierher zu kommen.

     Am Ostermontag Abends waren wir wieder einmal bei Frau Longard. Die alte Dame war an diesem Abend besonders frisch u. lebendig. Sie erzählte aus ihrer Jugendzeit aus dem kleinstädtischen Rostock, als sie ihren Mann kennen lernte. Sie war damals 17 Jahre alt, mit 18 Jahren heiratete sie. Auch von ihrem Sohn P. Pius erzählte sie. Er hat, als er in Maria Laach eintrat, schwere Zeiten durchmachen müssen, denn das Klosterleben hat ihm viele, bittere Enttäuschungen gebracht. Aber er hat all das tapfer überstanden u. ist ein guter Mönch geworden.

     Im Westen ist Enschede, Münster, Nordhorn, Kassel genommen worden, im Ruhrkessel Siegen. Im Osten ist Wiener Neustadt genommen u. am Stadtrande von Preßburg wird gekämpft. – Herr Dr. Tiso wird nun Gelegenheit haben, die Konsequenzen aus seiner Politik zu ziehen, man hört freilich nichts von ihm. Hoffentlich bringt er wenigstens den Mut auf, dort zu bleiben u. zum Irrtum nicht noch die Schmach zu fügen, mit Hitler u. seinen Kumpanen irgendwo sich zu verbergen. –

     Küntzels richten eben unser Eßzimmer ein, da sie Eva erwarten, die dann hier bei uns ihr Kind bekommen mag. –

Freitag 6. April 1945     

     Gestern früh 7 Uhr fuhren wir mit Spangenberg nach Prerow. Das Wetter war unsicher u. recht kalt. Mit uns fuhren Herr + Frau Degener u. Andreas v. Walter, später stiegen noch Frau Triebsch u. Frau Hoppe, eine alte Dame aus Ortelsburg dazu. Deren Tocher Frau Kupzek (oder so ähnlich) u. Frl. Nickstedt fuhren per Rad. Als wir über die Kuhweide zum Darss fuhren, stand ein prächtiger, doppelter Regenbogen im Westen, dessen eines Ende gerade auf der Spitze des Hohen Ufers ruhte.

     Wir kamen kurz vor 9 Uhr in Prerow an. In der Kirche, die übrigens ein wenig schönes Innere hat, stand eine lange Schlange von Menschen von der Sakristeitür an bis an das gegenüberliegende Ende. Diese Leute wollten alle noch beichten. Der Pfarrer kam bald heraus u. machte bekannt, daß es technisch unmöglich wäre, alle diese Beichten zu

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-04-02. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-04-04_001.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2024)