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Seite:HansBrassTagebuch 1945-04-04 003.jpg

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in guter Absicht, daß diese kathol. Beerdigung einen starken Eindruck auf sie gemacht hätte. Als ich mich im Hause von Grete verabschiedete, sagte sie: „Ich bewundere Dich.“ Martha war anschließend zu Chartotte Schmitt-Buck gegangen, die anscheinend den Kopf verloren hat u. nach Hamburg reisen will. Als Martha dann nachhause kam, war auch sie noch ganz ergriffen von der Beerdigung. Also scheint doch alles einen tiefen Eindruck gemacht zu haben u. diese Feier hat sich offensichtlich sehr deutlich abgesetzt von den vielen protestantischen Beerdigungen dieses letzten Zeit, die von den Herren Pastoren Löber u. Kumpf gemacht worden waren.

     Abends kamen dann Herr + Frau Dr. Krappmann. Er brachte eine Flasche franz. Sekt mit, die uns sehr willkommen war. Wir sprachen die Stituation nach allen Seiten durch u. obgleich er noch immer unschlüssig ist, was er mit seiner Familie machen soll, ging doch so viel aus unserer Unterredung hervor, daß er die Absicht hat, eine Kampfhandlung hier auf jeden Fall zu vermeiden. Er ist außerordentlich vernünftig u. wird alles tun, was in seiner Macht steht. Es ist ja noch durchaus nicht sicher, ob die Russen wirklich hierher kommen, oder die Engländer. Da die Russen jetzt, wo sie an der Odermündung stehen, garkeine Kampfhandlungen dort mehr unternommen haben, ist es durchaus möglich, daß sie nicht die Absicht haben, dort weiter vorzugehen. Auch strategisch ist das unwahrscheinlich, so lange sie Berlin nicht genommen haben; aber auch dort kämpfen sie nicht. Ich glaube auch nicht, daß sie das künftig tun werden. Sie haben jetzt alle Kraft in Ungarn eingesetzt. Ungarn ist jetzt von ihnen vollständig besetzt worden, Preßburg haben sie genommen u. sie stehen am östlichen u. südlichen Stadtrande von Wien. Diese Stadt wird von Sepp Dietrich verteidigt, doch glaube ich nicht einmal, daß die Russen diese Stadt wirklich angreifen werden. Sie werden jetzt nach Norden gehen, den Rest der Slowakei erobern u. dann in die Tschechei einfallen. Mit der Besetzung dieses Landes werden sie sich wahrscheinlich begnügen. Sobald sie im Süden weiter vorgekommen u. die Karpaten überwunden haben, werden sie auch von Ober= u. Niederschlesien her auf Prag losgehen. Wenn es so wird, dann werden wir hier niemals Kampfgebiet werden u. es ist höchst zweifelhaft, ob die Russen überhaupt herkommen werden. –

     Im Westen geht es rasch vorwärts. Die Engländer stehen heute 60 km. südwestlich von Bremen. Sie haben die Weser überschritten u. stehen mit Amerikanern 40 km. vor Hannover. Einen geschlossenen Widerstand gibt es überhaupt nicht mehr, unsere Soldaten ergeben sich, wo sie nur können. –

     Von Kurt kam vorgestern ein Abschiedsbrief. Er wird inzwischen in russ. Gefangenschaft geraten sein, wenn er nicht gefallen ist. Der Brief war kurz u. herzlich zu seiner Mutter, aber auch in dieser Stunde nahm er nicht die geringste Notiz von mir. –

     Von Fritz, Ruth u. Klaus, der in Dortmund sitzt, hören wir nichts.

     Rußland hat seinen Nicht-Angriffspakt mit Japan

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-04-06. , 1945, Seite 003. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-04-04_003.jpg&oldid=- (Version vom 19.8.2024)