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Seite:HansBrassTagebuch 1945-07-06 001.jpg

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Freitag, 6. Juli 1945.     

     Ruhiger Tag. Leplow hat Fleisch besorgt, seit drei Wochen wieder zum ersten Mal, abgesehen von dem Wildschwein, das Michael uns am vorigen Sonntag schenkte, das aber natürlich nur für einen Bruchteil reichte.

     Jetzt kommen auch noch die letzten Flüchtlinge zurück, die s. Zt. in Marsch gesetzt worden waren u. die bis jetzt in Rostock oder Ribnitz gewesen sind. Diese ganze Maßnahme war eine Gewissenlosigkeit sondergleichen.

     Gestern habe ich alle Hausschlachtungen beschlagnahmen lassen. Es war nicht mehr anders zu machen. Wenn ich freilich gewußt hätte, daß Leplow heute Fleisch bekommen würde, hätte ich damit noch gewartet. Nun fehlt es wieder an Kartoffeln u. an Mehl, der Bäcker hat Mehl nur noch für eine Woche.

Sonnabend, 7. Juli 1945.     

     Gestern Abend haben die Russen Bachmann ausgeplündert. Sie sind mit unserem LKW. vorgefahren, haben ihm sein Bett, sämtliche Garderobe, Wäsche u. Schuhe, sowie sämtl. Brücken fortgenommen u. aufgeladen. – Bei Rieck in Althagen haben sie schon vor drei Tagen alles ausgeplündert.

     Heute höre ich, daß noch nicht ein einziges Stück Fleisch von den Hausschlachtungen bei Leplow abgeliefert worden ist. Eben war Willy Meyer hier, um die Angelegenheit zu besprechen. Seiner Meinung nach wird dabei nichts herauskommen, da die Leute im letzten Herbst nur je ein halbes Schwein geschlachtet haben u. diese Vorräte fast ganz aufgebraucht sind, sofern sie nicht schon vorher von den Russen genommen worden sind. Nur bei Frau Bertsch soll noch Fleisch sein. Meyer erzählt mir, daß Frau Bertsch den ganzen Krieg hindurch besondere Vergünstigungen genossen hätte, die sie durch Bestechung der Landratsbeamten erlangt haben soll. Wir werden also bei ihr Haussuchung machen lassen. –

Montag, 9. Juli 1945.     

     Martha überraschte mich heute morgen mit Cigarren u. Cigaretten. Trude hatte Johannisbeeren u. etwas Kuchen mitgebracht. Martha u. ich dachten an meinen 50. Geburtstag, den ich im Christ-Königs-Hause verlebte u. zu dem sie damals für zwei Tage nach Berlin gekommen war. Es war damals eine schreckliche Zeit, – aber ob die heutige besser ist, steht dahin.

     In der Nacht vom Sonnabend zum Sonntag ist in der BuStu. eingebrochen worden. Es sind einige Kleidungsstücke, die in der Schneiderstube der Notgemeinschaft in Arbeit waren, gestohlen worden, auch solche, die Russen gehörten. Gestern morgen kam wieder ein Hilfspolizist aus Wustrow mit 4 Soldaten. Er verlangte eine Liste der PG's. Ich gab sie ihm, weil ich glaubte er sollte dieselbe nur nach Wustrow bringen. Spater stellte sich heraus, daß sie einen Wagen mithatten u. bei den PG's plünderten.

     Am Abend kam Dr. Hoffmann. Herr Soehlke war bei ihm gewesen u. im Interesse von Frau Bertsch zu intervenieren, da diese sich wegen der Beschlagnahmung der Hausschlachtungen beklagt hatte. Herr Dr. H. war mit Herrn S. zu Frau B. gegangen u. da hatte sich dann ergeben, daß Frau B. ganz gewaltige Mengen von Hamsterwaren besaß. Herr Dr. H. hat diese Sachen sofort beschlagnahmt. Ich werde die Sachen heute von Spangenberg abfahren lassen.

     In der Nacht sollen sehr viele Einbrüche vorgekommen sein, es scheint so, als ob da eine organisierte Räuberbande am Werke wäre.

     Dr. Hoffmann sagte gestern Abend, daß der Wustrower

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Hans Brass: TBHB 1945-07-06. , 1945, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-07-06_001.jpg&oldid=- (Version vom 20.9.2024)