Zum Inhalt springen

Seite:HansBrassTagebuch 1945-07-25 001.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal korrekturgelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.

verlassen müßten, welche vor 6 Jahren noch nicht hier gewohnt haben. In diesem Falle müßten auch Küntzels fort, ebenso Dr. Hahn u. Herr Degner, also alle meine Mitarbeiter, streng genommen auch Frau Schuster. Herr Pedak ist in dieser Woche bereits aus freiem Willen abgereist.

     Die Stellung der 40 Arbeitskräfte heute morgen hat natürlich nicht klappen können, weil der Befehl dazu zu spät kam. Dr. Hahn hat alles zusammengebracht, was erreichbar war. Dazu kommt, daß heute die Ausgabe der Lebensmittelkarten ist, die eigentlich gestern sein sollte, doch kamen die Karten erst gestern Abend. Ferner sollten gestern 2 Teppiche, 2 Läufer u. 4 Tischdecken an die Batterie abgeliefert werden. Es gelang auch hier nur die Hälfte, obwohl Borchers bis 1/2 11 Uhr Abends sich darum bemühte. Es fängt eben an, knapp zu werden. Jeder Kommandant requiriert u. nimmt dann die Sachen mit, das hat dann schließlich mal ein Ende. Borchers muß nun heute versuchen, das noch Fehlende zusammen zubringen.

     Hagedorn sollte gestern in Born über Fischlieferung verhandeln. Es schien so, als könnten wir dort Fische bekommen, um sie nach Ribnitz zu liefern; aber er kam Abends zurück ohne Erfolg. Die Russen holen auch dort alle Fische fort. Heute früh ist der LKW. wieder nach Ribnitz unterwegs, weil es heißt, wir könnten nun doch Mehl bekommen auch ohne Fische. Unser Brot reicht nur noch einige Tage.

     Ich fange an, müde zu werden. Die Schwierigkeiten sind zu groß, teilweise unlösbar u. alles sieht oft ausweglos aus. Gestern hieß es im Radio, daß demnächst die Grenzen zwischen den einzelnen Besatzungszonen geöffnet werden sollten, sodaß wir dann wenigstens die West-Flüchtlinge los werden könnten. Die Ost-Flüchtlinge los zu werden, ist ja garkeine Aussicht, – wir können im Gegenteil froh sein, wenn wir von dort nicht neue Flüchtlinge bekommen, nachdem die Polen ganz Pommern bis zur Oder einschl. Stettin verlangen u. dort alle Deutschen hinauswerfen werden.

Mittwoch, 25. Juli 1945.     

     Gestern Abend viel Aufregung. Der Kommandant Althagen behauptete, nicht genug Arbeitskräfte bekommen zu haben. Er forderte deshalb für heute 50 Menschen an, Arbeitsbeginn um 7 Uhr früh, anstatt um 8 Uhr wie sonst. Dalschewski brachte die Nachricht, der Kommandant habe getobt u. geschimpft. Es stellte sich heraus, daß von uns aus alle Arbeitskräfte gestellt worden waren, wie sie angefordert waren, daß aber bei den Russen eine vollständige Unordnung u. Organisationslosigkeit herrscht, sodaß die gestellten Arbeitskräfte verzettelt worden sind an verschiedene Stellen u. die wichtigste Arbeit eben nicht vorwärts kam.

     Um die Mittagszeit war der Bürgermeister von Born bei mir. Er erzählte mir Wunderdinge. In Born gibt es keine Requisitionen. Wenn die Russen etwas brauchen, kaufen sie es gegen Geld zu normalen Preisen u. sogar die Arbeitskräfte, die sie anfordern, bezahlen sie. Der Kreiskommandant in Barth läßt alle 4 Wochen die Bürgermeister zur Besprechung zu sich kommen u. lädt sie dann zum Mittagessen ein. In Born fehlt noch keine Kuh u. kein Pferd u. kein Möbelstück oder sonst irgendetwas. Es ist kaum zu glauben. – Ich war in großes Wut über Zustände, wie sie bei uns herrschen u. ärgerte mich am Abend um so mehr über die völlig ungerechten Forderungen unseres Kommandanten. Zum Ueberfluß kam Herr Damm u. erzählte, der Fahrer Butt habe die Nachricht gebracht, der LK.W. solle jetzt in Wustrow stationiert werden. Wenn das zutrifft, würde das die völlige Ausschaltung von

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-07-24. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-07-25_001.jpg&oldid=- (Version vom 10.8.2024)