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Seite:HansBrassTagebuch 1945-07-27 001.jpg

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die Zusicherung, daß er mit dem LKW., mit dem er ja hierher gekommen war, bis dorthin zurückfahren dürfte. Jetzt erlaubt man ihm aber bloß noch die Reise bis Greifswald. Aber heute früh, als die Reise losgehen sollte, funktionierte die Lichtmaschine nicht. Es bleibt nichts übrig als den Wagen nach Ribnitz zu schleppen u. eine neue Lichtmaschine einzubauen, was natürlich wieder den ganzen Tag in Anspruch nehmen wird. Man kann nur hoffen, daß der Kommandant in Wustrow inzwischen seine Erlaubnis nicht wieder zurücknimmt, jedenfalls sitzt der Förster Damm noch hier.

     Heute morgen ist von Wustrow ein Dampfer abgefahren, der alle Flüchtlinge aus Wustrow abtransportieren soll. Wohin die Menschen kommen, weiß man nicht, es heißt, sie sollten in Ribnitz zunächst in Lagern untergebracht werden, bis der Weitertransport möglich sein wird. Wahrscheinlich wird man die Menschen bei Bachmann unterbringen, dort sah ich zuletzt große Polenlager, die inzwischen vielleicht geräumt sein mögen. Von hier hat sich Dr. Korsch, Frau Mazurek u. Herr v. Achenbach angeschlossen, sie wollen den Dampfer benutzen, obgleich sie keine Passierscheine haben, u. wollen sich dann in Ribnitz drücken. Ob ihnen das gelingen wird, ist sehr zweifelhaft.

Freitag, 27. Juli 1945.     

     Gestern Abend sagte mir Gretl Neumann, die gegen 11 Uhr abends von Dr. Grantz kam, daß am Montag früh 9 Uhr ein Dampfer für Ahrenshooper Flüchtlinge ab Wustrow fährt. Nichts ist dafür vorbereitet. Es werden sich kaum viele finden, die den Dampfer benutzen werden. Leerlauf! Leerlauf!

     Die Wahlen in England haben eine große Mehrheit der Arbeiterpartei ergeben. Die Liberalen sind fast ganz ausgefallen, es gibt praktisch nur Konservative u. Arbeiterpartei, wobei die Arbeiterpartei doppelt so stark ist wie die Konservativen. Churchill ist zurückgetreten u. Attler hat die Regierung übernommen. Churchill wird also wohl nicht nach Potsdam zur Konferenz zurückkehren. Attler hatte jedoch schon vorher an der Konferenz teilgenommen, er wird sie weiter führen.

Sonnabend, 28. Juli 1945.     

     Gestern früh fuhr der Förster Damm mit seiner Familie im hochbepackten LKW. ab. Heute erzählt der Fahrer Butt, der in der Nacht zurückgekommen ist, daß die Russen den Förster kurz vor Greifswald gezwungen haben, alle Sachen abzuladen. Der Wagen ist dann leer hierher zurückgefahren. Damm liegt nun mit allen Sachen vor Greifswald auf der Straße. Es ist sehr ungünstiges Wetter mit Gewitter, Regen u. Kälte.

     Gestern brachte ein Bote Post aus Born mit allerhand Rundschreiben u. Fragebogen vom Landrat u. einigen Briefen vom Bürgermeister in Prerow, der jetzt als Bezirksbürgermeister über Zingst, Prerow, Müggenburg, Wiek, Born u. Ahrenshoop eingesetzt ist. Es herrscht nach wie vor völlige Unklarheit, wohin Ahrenshoop nun eigentlich gehört. – Auch Herr Dr. Grantz war hier, der allmählich in eine gespannte Lage zum Kommandanten in Wustrow geraten ist, weil es ihm nicht gelingt, die erforderlichen Ersatzteile für dessen Kraftrad zu organisieren. Es war das zu erwarten, aber es wirkt sich auf unsere Lebensmittellage erneut schlecht aus. Vorgestern bekamen wir aus Ribnitz vier Sack Mehl in dem Augenblick, wo unser Vorrat aufgebraucht war. Dieses Mehl bekamen wir ohne Wissen des Kommandanten, es wird nicht lange reichen. – Herr Wiethuchter hat sich in Verhandlungen mit der Wustrower Molkerei

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Hans Brass: TBHB 1945-07-26. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-07-27_001.jpg&oldid=- (Version vom 11.8.2024)