sehr verdient gemacht. Wir bekommen jetzt täglich wieder 50 ltr. Magermilch von dort. Ich habe Frau Hoppe beauftragt, den Milchverkauf in ihrem Laden zu übernehmen. Herr Wiethuchter u. Herr Grantz haben auch mit dem neuen Wustrower Bürgermeister Brüssow gesprochen. Es scheint so, als gäbe sich dieser Mühe, mit mir gut zu stehen.
Gestern Nachmittag waren Martha u. ich beim Kommandanten in Althagen zum essen eingeladen. Es war eine ziemlich unmögliche Sache. Schon der Zeitpunkt: um 1/2 4 Uhr. Wir kamen sehr hungrig hin. Der Herr Kommandant hatte auf seinem Bett gelegen u. geschlafen. Er hatte – Gott sei Dank! – Hosen an, sonst aber war er in Hemdsärmeln u. grauen Wollsocken. Er zog sich im Laufe der Zeit wenigstens den Rock an, wenn er ihn auch offen stehen ließ. Frau Kahl u. Herr Daschewski kamen ebenfalls. Das Essen, an dem der Oberleutnant selbst nicht teilnahm, da er bereits gegessen hatte, bestand aus einer sehr fetten Brühe mit Gemüse u. Fleisch darin, sodann aus einem Schlag Quetschkartoffeln mit großen Fleischstücken, die herunterzuschlingen Mühe machte, da es keine Messer gab mit denen man sie hätte zerkleinern können. Außerdem stand das bei den Russen unerläßliche Brot auf dem Tisch, dazu je ein Teller mit aufgeschnittener Mettwurst u. in Würfel geschnittenem, geräucherten Schweinefett. Unter dem Sofa holte der Herr Oberleutnant eine Flasche Weißwein hervor, die wir in verschiedene Gläser schenkten. Wir selbst brachten ihm eine Blumenvase mit Blumen mit, zwei Porzellantassen, einen Thermometer u. eine kleine Tischdecke. Er freute sich zu all dem sehr u. gab sich große Mühe, die Mängel seiner Bewirtung zu entschuldigen. – Die anschließende Unterhaltung über Herrn Daschewsky war sehr anstrengend u. drehte sich in der Hauptsache um dienstliche Angelegenheiten des Grenzschutzes. Der Oberleutnant ist ein sehr gutwilliger u. sehr bescheidener Mann ohne Bildung. Er ist sehr pflichteifrig u. man kann gut mit ihm auskommen. Er verlangt nichts Unmögliches u. hat den Willen, gerecht zu sein, – sehr im Gegensatz zu dem Hauptmann in Wustrow, dessen unverschämte Arroganz immer größer wird. Seit vorgestern ist der Major u. Kommandant von Ribnitz ersetzt worden durch einen Oberst, der sich gleich mit dem Wustrower Hauptmann schwer angelegt hat, – es hat riesigen Krach gegeben. Damit ist denn der Erfolg all unserer Bemühungen seit 14 Tagen, mit dem Ribnitzer auf guten Fuß zu kommen, wieder in Frage gestellt u. wir fangen wieder von vorne an.
Gestern Abend brachte der Unteroffizier der Batterie ein großes Stück Fleisch u. mehrere Brote als Bezahlung für Kleidungsstücke, die ihm in der Schneiderstube gemacht worden waren. Martha war leider nicht da, sie war beim russ. Unterricht. Der Unteroffizier ging gleich von hinten her ins Haus u. legte das Fleisch ohne mein Wissen in die Küche, während ich selbst vorn vor dem Hause saß u. mit dem anderen Unteroffizier sprach, der immer die Arbeitskräfte anfordert. Der erste kam dann von hinten her zurück u. trug einen leeren Sack. Er ging an mir vorbei zur Gartentür zum Wagen, mit dem er gekommen war. Hinter ihm her kam dann noch ein Hilfspolizist mit roter Armbinde, den ich nicht kenne. Er sagte zu mir: „Das ist ja gut: bei uns in Althagen werden jede Woche drei Schweine requiriert u. das Fleisch kommt zum Bürgermeister von Ahrenshoop.“ – Da ich nichts von dem Fleisch gesehen hatte, wußte ich nicht, was der Mann
Hans Brass: TBHB 1945-07-28. , 1945, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-07-30_001.jpg&oldid=- (Version vom 7.10.2024)