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Seite:HansBrassTagebuch 1945-08-02 001.jpg

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im Nachthemde ein sehr komischer Anblick. Der Kommand. schrie Budde in langer Rede an, zwischendurch schrie er auch mich an, indem er behauptete, ich hätte ihn nicht genug unterstützt. Dann bedauerte er sich, daß er für den General Schnaps suchen müßte, aber dann bestritt er wieder, daß es sich überhaupt um Schnaps handelte, er wäre in Ausübung seines Dienstes hier u. suche Spione u. Budde hätte solche beherbergt, sie seien aber inzwischen entwichen usw. usw. Kurzum, es war ein Höllenspektakel. – Inzwischen hatte sich Daschewsky entfernt, er kam nun zurück u. der Herr Kommand. wurde plötzlich freundlicher. D. hatte nämlich wunderbarerweise etwas Brennspiritus aufgetrieben u. ihm gegeben. Der Kommand. drohte zwar noch, daß er noch weitere Häuser aufsuchen wolle, aber dann lockte ihn der neue Spiritus doch zu sehr. Er verließ das Haus, schwang sich auf's Pferd u. ritt mit seinem Unteroffizier ab. – Bei der ganzen Sache kam auch der heimliche Haß des Proletariers gegen die Menschen mit Bildung zum Vorschein. Er nannte mich einen Professor, der nichts versteht u. nicht arbeitet, um mir dann wieder seine Hochachtung auszudrücken. Die ganze Geschichte war höchst widerlich u. verächtlich. Um 2 Uhr war ich endlich wieder zuhause.

     Der Leutnant, der gestern hier Teller + Tassen requirierte u. mich heute mit nach Barth nehmen wollte u. der wahrscheinlich der „General“ war, mit dem der Kommand. die Nacht durchgesoffen hat, ließ mir heute sagen, daß er erst morgen fahren würde, weil das Auto in Rostock kaputt läge. Es scheint also so als ob es sich dabei um unseren eigenen LKW. handelte, der in der Tat gestern nicht zurückgekommen ist u. von dem es heißt, daß er in Rostock läge.

     Heute vormittag erschien wieder GPU. bei mir: ein Hauptmann u. ein gewöhnlicher Soldat, recht intelligent aussehend. Der Hauptmann ein sehr unsympatischer rothaariger Sommersprossen=Typ ohne Augenwimpern. Sie fragten mich wie gewöhnlich aus u. wollten dann ein Zimmer zum Arbeiten u. Verhören haben. Ich brachte die Leute mit ihrem Pferdewagen, mit dem sie gekommen, zu Lukas=Saatmann. Sie ließen sich zuerst Emil Gräff rufen.

Donnerstag, 2 August 1945.     

     Heute morgen schickte der Kommandant Althagen seinen Unteroffizier u. ließ mir sagen, das Auto führe nach Barth, ich solle mitfahren. Ich wußte es schon u. stand am Auto. In Wustrow vor der Kommandantur ließ mir der neuerdings dort befindliche Hauptmann der GPU. durch den Dolmetscher sagen, ich solle nach Ahrenshoop gehen u. mich um den Ernteeinsatz bekümmern. –

Den so erzwungenen Aufenthalt in Wustrow benutzte ich, um Herrn Brüssow zu besuchen, um ihn für unsere Butterversorgung zu interessieren. Ich war zum gleichen Zweck vorher schon in der Molkerei gewesen, wo man mir beste Hoffnungen gemacht hatte, es sei genug Butter vorhanden. Herr Brüssow sagte mir zu, sich dafür zu interessieren. Anschließend ging ich zu dem neu zu gründenden Krankenhaus in der Strandstraße. Ich traf dort den Apotheker Jesse aus Rostock, der die Apotheke einrichtet mit Medikamenten, die er aus seiner ausgebombten Apotheke in Rostock gerettet hat. Er zeigte mir das Haus, das sich vorzüglich eignet, ebenso das dazugehörige prächtige Gartenland. Später kam Herr Dr. Lasch dazu, den kennen zu lernen ein wirkliches Vergnügen war. Es ist ein Genuß, in dieser Zeit des

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Hans Brass: TBHB 1945-08-01. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-08-02_001.jpg&oldid=- (Version vom 13.8.2024)