Sofa u. ein Spiegel war. Außerdem luden sie noch zwei Sessel auf. Der Kommandant meinte dann, ich solle ruhig nach Hause gehen, er würde die Sache alleine weitermachen. – Heute früh ergab sich, daß er im Hause Helms regelrecht geplündert hat, er hat Wäsche, Silber u. Bilder von den Wänden mitgenommen u. sämtliche Stühle. Ich war drüben u. habe gesehen, daß buchstäblich kein Stuhl mehr im Hause ist. – Soeben sind nun wieder Leute aus Wustrow da mit unserem LKW. Sie holen sich die Gummiräder eines Lastwagens ab, den ich für die Gemeinde requirieren wollte u. den Herr Brandt von einem Flüchtling gekauft hat, außerdem wollen sie noch ein Sofa u. einen großen Teppich. Es ist nun soweit, daß dergleichen Dinge in ganz Ahrenshoop kaum noch aufzutreiben sind.
Leplow war gestern endlich wieder einmal unterwegs nach Damgarten, um Vieh zu kaufen. Es gelang ihm tatsächlich, zwei Tiere zu erstehen, doch wurden sie ihm dann wieder vom Bürgermeister durch die Russen abgenommen. Er kam ohne Vieh zurück.
Gestern kam der Althäger Kommandant, um mir zu sagen, daß Munition gesprengt werden würde. Alle Fenster sollten geöffnet werden, alle Menschen sollten in den Häusern Deckung nehmen. Ich ließ es bekannt machen, aber es erfolgte nichts.
Der Darss ist immer noch gesperrt, weil die Russen dort irgendetwas suchen, angeblich Spione. Das Brennholz kann nicht abgefahren werden.
Von Dr. Wessel bekamen wir gestern eine Karte aus Ribnitz, er ist nach dreimonatiger Abwesenheit dort wieder eingetroffen.
Der Strom funktioniert nun wieder gut. Ueber die Mittagszeit ist ausgeschaltet, damit nicht zu viel Kochstrom verbraucht wird, aber wenigstens haben wir nun wieder Wasser. Dieses war zunächst tintenschwarz, man mußte es tagelang ablaufen lassen, jetzt ist es aber wieder fast weiß. Mit dem Strom habe ich als einziger in Ahr. Radio, aber am Sonnabend habe ich eine Lautsprecher-Anlage unter dem Vorbau der Bu-Stu anlegen lassen, wo ich Bänke aufstellen ließ. Gestern funktionierte die Sache zum ersten Male, die Leute freuten sich, Neuigkeiten u. Musik zu hören.
Der Kommandant ist auffallend liebenswürdig zu mir. Er versichert mir immerfort, daß er mich sehr schätze. Gestern war er da mit einem Freunde u. dessen Frau. Für die Frau mußte Maß genommen werden für ein Kostüm, für den Freund für eine Jacke. Die Stoffe dazu stammen aus dem Kumpf'schen Hause. Es war ein schöner, dunkler Anzugstoff dabei u. er schenkte mir davon einen Anzug.
Sonst ist nichts von besonderen Interesse geschehen, nur daß gestern Frau Hartmann aus Berlin hier ankam, um sich Sachen zu holen. Sie erzählte von ihrer Reise nach Bln. vor etwa 6 Wochen, die überaus schwierig gewesen ist u. 14 Tage in Anspruch genommen hat. Jetzt hat sie 3 Tage hierher gebraucht.
Hans Brass: TBHB 1945-08-15. , 1945, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-08-17_001.jpg&oldid=- (Version vom 6.11.2024)