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Seite:HansBrassTagebuch 1945-09-05 001.jpg

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Saatmanns, die diese Produkte bisher verkauft haben, in Differenzen kommen würde. Immerhin sagte ich mir, daß Saatmanns Einsicht haben würden. Der Verdienst aus diesen Dingen ist ja nicht groß u. Saatmanns haben eine ganze Büdnerei mit Kuh, Hühnern u. sehr großem Garten u. Gemüseland, ihre Existenzgrundlage ist mehr als gesichert. – Dennoch ist es gekommen, wie ich gefürchtet habe. Frau Saatmann schimpft. Als ich dem Mann heute begegnete, ging er mit der Pfeife im Munde an mir vorbei ohne meinen Gruß zu erwidern. Die Verächtlichkeit dieser Menschen ist wahrhaftig sehr groß.

Mittwoch 5. Sept. 1945.     

     Gestern Postkarte von Pfarrer Kolodzieg aus Marlow. Er teilt mit, daß jeden 2. u. 4. Sonntag im Monat um 15 Uhr im Chorsaal der Klosterkirche in Ribnitz hl. Messe stattfände. Ja, wie sollen wir da hinkommen? –

     Ebenfalls gestern kam eine Flaschenpost am Strande an, gerichtet an eine Frau Scharmberg in Born von ihrem Mann, der zwischen Trelleborg u. Travemünde hin u. her fährt u. deutsche Soldaten aus Norwegen heimbringt.

     Gestern Abend besuchte uns Herr Clemens Prielgauskas, der Inspektor der Frau Schröder, unser Nachbar. Dieser Mann, der hier arbeitet wie ein Pferdeknecht, ist ein sehr vielseitig gebildeter Mann. Er hat das Gymnasium besucht u. das Abitur gemacht u. hat dann eine landwirtschaftl. Hochschule besucht, ist also Diplom-Landwirt. Außerdem aber hat er auch eine Kunstschule besucht, um sich zum Graphiker auszubilden u. schließlich hat er sich in der kathol. Presse aus schriftstellerisch betätigt. Er ist irgendwo in Litauen geboren, wo sein Vater ein kleines Gut gehabt hat, seine Mutter war eine deutsche Baronin, er war aber auch im Kaukasus in Tiflis u. ist auch sonst viel herumgekommen. Ich will versuchen, diesem Mann zu helfen, daß er aus seiner gegenwärtigen Lage herauskommt.

Donnerstag, 6. Sept. 1945.     

     Heute morgen eine sehr schwierige Verhandlung mit den Pferdebesitzern. Es handelte sich darum, Frau Schröder u. Herrn Kämmerer zu bewegen, je ein Pferd an den Bauern Paetow abzugeben u. den Schlachter Leplow desgleichen an Rich. Spangenberg. Eine diesbezügliche Verfügung des Präsidenten von Mecklenbg-Vorpommern, die mir erst heute morgen in die Hände kam, leistete mir dabei große Hilfe, sodaß es mir nach einer einstündigen Verhandlung gelang, zum gewünschten Ziel zu kommen. Paetow freute sich natürlich sehr u. auch Spangenberg war zufrieden, Leplow, Kämmerer u. Frau Schröder mit ihrem Vater Brandt mußten sich wohl oder übel fügen u. taten es schließlich ohne Groll gegen mich. Es war das ein sehr schöner Erfolg, den ich kaum erwartet hatte.

     Frau Saatmann ist gestern in Ribnitz gewesen in der Absicht, Herrn Reichert gegen mich aufzuhetzen, was ihr bis zu einem gewissen Grade gelungen zu sein scheint. Einen weiteren Erfolg scheint sie aber nicht gehabt zu haben denn sie soll sich geäußert haben, daß sie zum russ. Kommandanten gehen wolle. Heute morgen war der Mann Saatmann bei mir, benahm sich aber ganz vernünftig, wenn auch sehr zurückhaltend. Er teilte mir mit, daß er von Herrn Reichert gehört habe, es würden nun wieder alle Lebensmittel u. a. Waren durch die Grossisten angeliefert, wie das früher war. Er, Saatmann, würde demnach

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Hans Brass: TBHB 1945-09-04. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-09-05_001.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2024)