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Seite:HansBrassTagebuch 1945-09-07 001.jpg

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künftig seine Waren wieder von Reichert beziehen u. Frau Hoppe von ihrem Grossisten in Rostock. Es wäre das ja sehr schön u. Frl. Neumann brauchte dann nicht mehr einzukaufen.

Freitag, 7. Sept. 1945.     

     Die Pferdeangelegenheit hat nun doch noch ihren Haken bekommen durch Herrn Brandt. Als Paetow das Pferd von Frau Schröder abholen wollte, verweigerte Brandt die Herausgabe. Frau Sch. kam mit Paetow ins Amt u. bat, das Pferd noch bis Montag behalten zu dürfen. Ich war der Meinung, daß dies geschehe, um irgendwie die Sache rückgängig zu machen, da Frau Sch. keinen vernünftigen Grund für ihre Bitte abgeben konnte, jedoch versprach sie mir auf Ehrenwort u. mit Handschlag, daß das Pferd am Montag zur Verfügung stehen werde. Es wurde dann auf dieser Grundlage eine Einigung erzielt. – Später traf ich Herrn Clemens, den Inspektor von Frau Sch. u. nachher auch Herrn Brandt, die beide sehr gemessen grüßten. Herr B. entwickelt eine große Tätigkeit mit Fahren nach Dierhagen usw., es ist offensichtlich, daß er irgendwie die Absicht hin, hinterher doch noch quer zu treiben. Frau Sch. will nach Rostock zum Landrat.

     Helm. Saatmann war bei mir mit der erfreulichen Absicht, die Angelegenheit mit der Butter wieder in Ordnung zu bringen. Ich freute mich sehr darüber u. versicherte ihm, daß für mich bei dieser Sache nur der Gedanke maßgebend war, der armen Frau Hoppe zu helfen. Aus diesem Grunde könnte ich die Sache auch nicht mehr rückgängig machen, bis das Geschäft von Frau Hoppe wieder in Gang käme u. sie genug verdiente. Ich würde ihr dann gern den Butterverkauf wieder übergeben. Herr S. sagte mir, daß er seine Frau zu mir schicken werde, damit die Sache gütlich beigelegt werden kann.

     Heute wollten Küntzels endlich in das Kroog'sche Haus umziehen. Dabei stellte sich heraus, daß die Frau Futterlieb den Küchenherd mitgenommen hat, den sie früher einmal aus dem Sudeckschen Hause erhalten hat. Sie behauptet nun, daß sie deshalb einen Anspruch auf den Herd hätte. Damit entpuppt sich Frau F. nun als eine Person, die mit allen Mitteln ihre Rechte zu wahren weiß, auch wenn ihr die Rechte nicht zustehen. Wir müssen nun erst sehen, wie wir den Herd wieder zurück bekommen. Küntzels können deshalb heute noch nicht umziehen u. ich kann infolgedessen immer noch nicht in meine eigenen Zimmer.

Sonnabend, 8. Sept. 1945.     

     Es hat sich nichts Besonderes ereignet außer dem täglichen Kram an Verfügungen, die ungeheuerliche Ausmaße annehmen. Der russ. Kommandant, bzw. die Kommandanten in Rostock u. in Ribnitz betreiben die Einbringung der Ernte mit Hochdruck. Es ist erstaunlich, welche Eile diese Leute haben, sodaß man den Verdacht hat, sie werden nicht mehr lange hier sein u. sie wollen die Ernte mitnehmen. Täglich sind Meldungen über den Fortgang der Ernte über die Verwendung der Pferde usw. zu machen, daneben Bevölkerungszählungen noch u. noch nach immer neuen Gesichtspunkten. Dabei sind die Verfügungen oft derart unklar ausgedrückt, daß man nicht weiß, was die Leute eigentlich wollen.

     In der kommenden Woche lasse ich Listen auflegen, in die jeder eintragen soll, ob er zu Rostock oder zu Barth gehören will, denn es ist immer noch nicht entschieden, wohin wir nun eigentlich gehören. Dieser Zustand ist unhaltbar u. muß geklärt werden.

     Herr Dr. Ziel scheint gegen mich zu hetzen.

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-09-06. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-09-07_001.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2024)