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Seite:HansBrassTagebuch 1945-09-21 001.jpg

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Es ist ja gut, wenn man endlich mit diesen ostelbischen Junkern, diesen Brutstätten des Militarismus, aufräumt; aber wenn man nun innerhalb von knapp 3 Wochen die großen Güter aufteilen will in lauter kleine Büdnerstellen von 5 ha Größe, dann kann dabei nichts herauskommen.

Freitag, 21. Sept. 1945.     

     Gestern sandte der Kommandant von Wustrow alle Passierscheine zurück, es wären, ließ er sagen, hinfort keine Passierscheine mehr nötig. An der neuen Sperre am Erbhofweg war tatsächlich der Posten eingezogen, der Schlagbaum war hoch. Darauf ging das Gerücht, die Russen zögen ab. Heute dagegen hat der Kosacken=Häuptling im Monheim'schen Hause seine Sperre zum Darss verstärkt, er läßt niemand zum Darss durch. Die Körkwitzer Sperre dagegen ist auf u. man kommt ohne Passierschein nach Ribnitz. –

     Gestern Nachmittag kam es zu erneutem Krach mit Dr. Ziel, der sich zum Anwalt von Langhinrichs machte, welcher Schwierigkeiten mit der Milchablieferung macht. Es wurde ganz deutlich, daß Dr. Ziel voller Gift u. Haß gegen mich ist. Er hat dieses Gift jetzt einige Tage zurückgehalten, nachdem Martha nach dem letzten Zusammenstoß sich sehr um einen friedlichen Ausgleich bemüht hatte, aber gestern brach das aufgestaute Gift mit Gewalt hervor. Nun ist es endgültig aus mit ihm. Er wird für Langhinrichs eine gepfefferte Beschwerde über mich einreichen, der ich aber mit Gelassenheit entgegensehen kann.

Sonnabend, 22. Sept. 1945.     

     Eben haben wir die alte Frau Friedrichs begraben. Es war sehr starke Beteiligung, Pastor Löber sprach am Grabe. Sie wurde neben ihrem Mann beigesetzt, der vor 17 Jahren am Magenkrebs starb. Mit Frau F. ist ein gutes Stück Ahrenshooper Vergangenheit dahingegangen.

     Gestern Abend waren Paul + Grete da. Paul sagte mir, was ich schon lange erwartet habe, daß er seinen Dienst im Gemeindeamt aufgeben wolle. Ich bat ihn wenigstens noch bis zum 30. 9. weiterzumachen. Seine Hilfe im Amt ist doch sehr wertvoll, wenngleich er auch schon längere Zeit ohne Interesse arbeitet u. dadurch seine Arbeit recht beeinträchtigt wird, ja, teilweise sogar nicht gut ist, da er sich mit der Zeit immer weniger mit den Leuten versteht. Er ist im ganzen Dorf überaus unbeliebt, weil er alles nach Schema F erledigt u. auf die Eitelkeiten der Leute nicht eingeht. Seine Arbeit ist sehr sachlich, d.h. aber auch, daß sie sehr unpersönlich ist, so wie es in einem berliner Polizeibüro selbstverständlich ist. Dort gibt es keine persönlichen Beziehungen. Hier aber wollen die Menschen individuell behandelt werden, vor allem diejenigen, welche von sich glauben, daß sie etwas Besonderes wären. – Das Schlimmste dabei ist, daß auch Dr. Hahn sich mit der Absicht trägt, nach Berlin zurückzukehren. Seine Sekretärin aus seinem ehemaligen Büro ist hier. Sie hat sich vom Westen hierher durchgeschlagen u. will ihn wohl bewegen, nach Berlin zu kommen. Ich würde dann plötzlich ohne jeden verantwortlichen Mitarbeiter sein, denn Herr Degner kann als solcher nicht gelten. – Die Arbeit im Amt ist ja in der Tat recht schwierig u. unerfreulich. Die Leute im Landratsamt wissen oft selbst nicht, was sie sollen u. geben unklare Anweisungen oder oft undurchführbare Anweisungen.

     Unsere Trude liegt schon seit 4 Tagen im Krankenhaus

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Hans Brass: TBHB 1945-09-17. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-09-21_001.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2024)