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Seite:HansBrassTagebuch 1945-11-08 001.jpg

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Donnerstag, 8. Nov. 1945.     

     Gestern am Spätnachmittag trat ein Jesuitenpater in unser Haus. Frau Margot Seeberg hatte ihn in Ribnitz bei Dr. Thron kennengelernt u. ihn darauf aufmerksam gemacht, daß hier in Ahrenshoop Katholiken säßen. Der Pater hatte ihr versprochen, hierher zu kommen; aber nachdem der Dampfer kaputt ist u. nicht mehr fährt, hatte ich damit nicht gerechnet. Nun kam er zu Fuß. – Er stammt aus Oppeln u. ist nun von Berlin aus nach Ribnitz geschickt worden, um zu sondieren, was hier los ist. Er hat sich in Ribnitz einquartiert hält dort im Saal des ehemal. Klosters Gottesdienst. Er ist ein noch junger, großer u. vierschrötiger Mann u. für unsere Gegend sehr geeignet. Heute morgen hat er eine hl. Messe gelesen. Leider war über Nacht das Wetter sehr schlecht geworden, sodaß nicht viele Leute zur Messe kamen, aber Dr. Völker war trotzdem mit seiner Frau von Wustrow hierher gekommen. Seine Schwägerin, Schw. Maria, die momentan die alte Frau Geh. Rt. Koehn pflegt, war auch da, sowie Frau Triebsch u. die Frau des Kutschers Hanschak, auch das Ehepaar Degner. Der Pater bleibt bis zum Sonnabend, sodaß wir drei Messen haben werden. Sehr schwer ist es, ihn zu ernähren, aber da kommen heute der Sergeant von Monheim u. ein Soldat u. bringen uns ein großes Stück Fleisch. Es ist wirklich merkwürdig, wie Gott solche Gebete immer erhört.

Sonntag, 11. Nov. 1945.     

     Gestern Mittag ist P. Drost wieder nach Ribnitz zurückgegangen, zu Fuß. Es waren sehr anregende Tage. Der Mann ist noch jung sehr gesund u. unverwüstlich. Am Freitag hielt er bei Margot Seeberg nachmittags einen Vortrag, zu dem die vielen Ahrenshooper Intellektuellen erschienen waren, – ich selbst war nicht da, weil es mich zu sehr angestrengt hätte. Abends waren dann die Schlesier, nämlich Frl. Nickstadt u. das Ehepaar Degner bei uns u. ließen sich von ihm über Schlesien berichten. Er erzählte sehr anschaulich von den überaus grausigen Ereignissen. Nachher sprachen Martha u. ich allein noch mit ihm, wobei auch von Kunst gesprochen wurde. Davon hat er keine Ahnung. Das ließ ihm keine Ruhe u. so drängte er mich am Freitag Abend, – Martha war schlafen gegangen –, ihm über abstrakte Kunst etwas zu sagen. Es war ihm unerträglich hier mit mir zusammen gewesen zu sein u. mich zu schätzen, aber vom Wichtigsten nichts zu wissen. Ich gab mir Mühe, ihm eine Handhabe zu geben, meine Ideen zu verstehen, aber es gelang mir nur sehr wenig. Es ist ja überaus schwer, jemanden darüber etwas zu sagen, der gewöhnt ist, Bilder nur gegenständlich zu sehen u. sie als Träger religiöser Gedanken zu nehmen. Nur daß er garkeine Opposition machte, sondern ganz willig war, – u. das war sehr nett. So ist es mir wenigstens gelungen, ihm die Grundelemente etwas nahe zu bringen, – er muß nun darüber erst eine Weile nachdenken, bis man mehr sagen kann. –

     Für uns war ja das Wichtigste, daß wir drei hl. Messen hatten, – gestern früh in Form eines Hochamtes. Wir konnten darum heute unsere Sonntagsandacht ausfallen lassen, – eine große Erleichterung für mich.

     Gestern Nachmittag wurde Frau Garthe beerdigt. Pastor Müller-Althagen fungierte als Geistlicher. Ich selbst blieb aber zuhause.

     Justus Schmitt ist z. Zt. hier. Er schläft seit gestern bei uns, nachdem P. Drost fort ist. Er ist ja ein vielgewandter Mensch u. so ganz anregend.

     Gestern brachte mir Frau Schuster eine Verfügung, nach welcher in der Gemeine Ahrenshoop sofort sämtliche Zentrifugen

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-11-08. , 1945, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-11-08_001.jpg&oldid=- (Version vom 25.8.2024)