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Seite:HansBrassTagebuch 1945-11-13 001.jpg

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zu beschlagnahmen seien. Künftig ist alle Milch restlos an die Molkerei abzuliefern u. nur noch Kinder werden künftig nur noch Magermilch erhalten. – Das ist die Antwort auf die Beschwerde, welche Herr Dr. Ziel über mich an die Regierung in Schwerin gerichtet hat, weil ich zu rücksichtslos die Kuhhalter gezwungen hätte, Milch abzuliefern. Nun wird überhaupt niemand mehr Vollmilch erhalten u. mit Butter ist es ganz aus. Es ist zwar eine gewisse Genugtuung für mich, aber das ganze Geschäft widert mich jetzt so an, daß ich mich immer mehr zurückziehe. Ich denke, daß ich zum 1. Dezember das Amt ganz niederlegen werde, obgleich ich nicht weiß, wer es dann machen soll. Herr Schröter, auf den ich meine Hoffnung gesetzt hatte, erweist sich leider als unfähig.

Dienstag, 13. Nov. 1945.     

     Justus Schmitt ist heute früh wieder nach Berlin zurückgefahren. Wir hatten, wie es immer mit ihm ist, einige sehr anregende Gespräche, einigemale auch solche religiöser Art. Es scheint, daß er sehr langsam dem Religiösen etwas näher kommt, aber vorläufig fehlt noch der Schock, der ihn veranlassen könnte, das Weltinteresse fahren zu lassen. Dennoch ist es möglich, daß es einmal dazu kommt.

     Am Sonntag Nachmittag waren Herr + Frau Triebsch da um nochmals die Angelegenheit Dr. Ziel zu besprechen. Beide können noch garnicht über die Gemeinheit der Gesinnung, die sich da offenbart hat, hinweg.

     Ich verfasse meine endgültige Abdankung als Bürgermeister, ich denke, daß ich sie übermorgen absenden werde, sodaß ich zum 1. Dezember frei bin.

     Ich beschäftige mich täglich einige Stunden mit den endzeitlichen Weissagungen im Alten= u. Neuen Testament, wozu mir eine kleine Schrift: „Die Endkrisis der Völker“ von Joh. De Heer, dient, die dem Pfarrer Kumpf gehört u. die dieser der Frau Longard geliehen hat. –

Mittwoch, 14. Nov. 1945.     

     Heute Nachmittag wird wieder im Orte geimpft. Dr. Lasch wird kommen.

     Der Sergeant von den Russen bei Monheim will einen Militärmantel, er läuft uns deshalb das Haus ein. Diese Leute sind unerträglich.

     Morgen will ich dem Landrat meinen Rücktritt zum 30.11.45. mitteilen. –

     Triebsch schickte mit durch seine Frau einige Pinsel, darunter einige ganz neue. –

Donnerstag, 15. Nov. 1945.     

     Heute morgen übergab ich Frau Schuster, die vor dem Dienst zu mir kam, mein endgültiges Rücktrittsgesuch, sie sollte es gleichzeitig dem Gemeindevorstande mitteilen. Der erste Erfolg war, daß Willy Meyer u. Bernh. Saatmann mit Paul Küntzel zu mir kamen, um die neue Lage zu besprechen. Meyer u. Saatmann waren sehr niedergeschlagen. Sie sagten mir, daß doch seit meiner früheren Amtsführung als Gemeindevorsteher in Ahrenshoop nichts Ordentliches mehr geleistet worden sei usw., u. sie schimpften auf Dr. Ziel. Ich blieb aber fest u. sagte ihnen, daß ich nicht nur wegen dieser geheimen Quertreiber ginge, sondern vor allem auch, weil die übergeordneten Behörden eine gedeihliche Arbeit unmöglich machten, indem sie alle Lasten auf die Bürgermeistereien abschöben, selbst aber nichts täten, um die Gemeinden zu schützen. Man verlangt von uns die Einrichtung eines Seuchen-Krankenhauses u. einer Entlausungs=Anstalt,

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1945-11-11. , 1945, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1945-11-13_001.jpg&oldid=- (Version vom 25.8.2024)