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Seite:HansBrassTagebuch 1946-02-06 001.jpg

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An der Weihnachtskrippe gemalt. Die Figuren kommen jetzt langsam ins Bild. Obwohl es auch heute wieder meist sehr dunkel war, bin ich doch ein gutes Stück vorwärts gekommen.

     Heute sind die Russen im Monheim'schen Hause abgerückt u. es scheint so als kämen nun keine neuen mehr her. Auch in Althagen scheinen kaum noch Russen zu sein. Als wir am Sonntag zu Koch-Gotha gingen, sahen wir, daß die ehemalige Batterie ziemlich demoliert ist. Sie wurde seit Beginn des Winters von den Russen nicht mehr benutzt, diese wohnten in den Häusern am Hohen Ufer, es scheint, daß die Bevölkerung sich jetzt aus den Baracken herausholt, was sie braucht.

Mittwoch, 6. Februar 1946.     

     Von Ruth nach langer Zeit wieder ein Brief, der ziemlich hastig ist u. den Eindruck macht, als hätte sie viel zu viel Arbeit u. zuhause keine Entspannung. Die Entfremdung gegenüber Erich, von der sie seither nichts mehr geschrieben hatte, besteht unvermindert fort, hat vielleicht noch zugenommen, da Erich selbst, wie es scheint, sich keine Mühe gibt u. wieder ganz in seine egozentrische Haltung zurückgefallen zu sein scheint. R. schreibt, daß Erich im Februar „auf Urlaub zum Skilaufen“ gehen will u. daß sich die ganze Familie darauf freut! Nun ja, mag sein, – aber daß dieser Mann zum Skilaufen will u. seine überarbeitete Frau allein läßt, – das läßt doch tief blicken. Und dann überhaupt: in dieser Zeit Skilaufen! – Hat der junge Mann denn überhaupt kein soziales Verantwortungsbewußtsein? Geniert er sich nicht vor dem grauenvollen Elend der Ostflüchtlinge?

     Von Fritz wieder ein Päckchen mit kleinen Herder=Schriftchen, lauter schon bekannte Sachen, die wir weitergeben.

     Heute wurde mir erzählt, daß Herr v. Achenbach sich auf einer Versammlung der 3 oder 4 Kommunisten, oder vielmehr: Kommunistinnen, in Ahrenshoop u. Althagen über mich geäußert hat: ich hätte in meiner Bürgermeisterzeit die Nationalsozialisten begünstigt. Nach u. nach erkenne ich mehr u. mehr, wes Geistes Kind dieser Herr ist, von dem mir der kranke Herr Glaeser, den ich heute besuchte, sagte, daß er ihm 26,– Rm. für erteilten russischen Unterricht schulde. Er ist jetzt in Rostock Geschäftsführer des Kulturbundes geworden u. hat sich nach dort begeben, jedoch ist seine Familie nach wie vor hier.

     Im Monheimschen Hause sind neue Russen. –

     In meinem Bilde bin ich heute mit dem linken Hirten in den Vordergrund vorgebrochen u. hoffe, von hier aus dem Ochs u. dem Esel beikommen zu können, die sich einer organischen Einfügung immer noch hartnäckig widersetzen. Morgen werde ich den rechten Hirten angreifen u. dann hoffentlich zur endgültigen Lösung kommen.

Donnerstag, 7. Februar 1946.     

     Der rechte Hirte sitzt. Auch die Krippe ist fertig. Ochs + Esel sind nun endlich im Raum. Morgen werde ich wohl letzte Hand anlegen, die Glaskugeln müssen noch einmal übermalt werden zusammen mit den Zweigen der Tanne. Dieses Bild ist wieder sehr schön geworden.

     In der „Guten Laune“ ist eingebrochen worden, alle Kleider

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1946-02-06. , 1946, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-02-06_001.jpg&oldid=- (Version vom 7.10.2024)