ist nicht klar, was das Ganze soll, denn diese Nachmittage sind immer ausgefüllt mit gewöhnlicher Unterhaltung. Am letzten Freitag war ich nicht bei ihm, da er in Rostock war zur Untersuchung seiner Augen. Das Ergebnis war leider, daß es mit den Augen schlechter geworden ist. Eine nochmalige Operation ist aber nicht angängig. Der Arzt hat aber gemeint, daß Triebsch eine völlige Erblindung nicht zu befürchten habe. Hoffentlich ist das nicht ein bloßer Trost, sondern Wahrheit.
Gestern Nachmittag Dora Oberländer mit Gretl Neumann, um Bilder anzusehen. Dabei merkte man bei Gretl Neumann sehr stark, daß ihr gutes Benehmen nur äußere Tünche ist. Sie verhielt sich vor den Bildern unmöglich. Statt zu schweigen, schwatzte sie immerfort dummes Zeug, um ein Verständnis vorzutäuschen, doch wurde ihr Unvermögen grade dadurch offenbar. Um der Torheit die Krone aufzusetzen, redete sie von dem Kopf des alten Propheten als von einem Christuskopf. Ich machte sie darauf aufmerksam, daß es der Kopf eines mindestens 70 Jahre alten Mannes sei, während Christus mit 30 Jahren gestorben sei. Sie nahm das zur Kenntnis, ohne sich sonst stören zu lassen.
Später kam Koch-Gotha dazu, der mit großem Interesse das neue Krippenbild betrachtete u. dem ich dann auch das Christusbild zeigte, das einen starken Eindruck auf ihn machte. Martha kam dann u. zeigte ihm auch das Märchenbuch u. das Fischlandspiel, das die Damen in der BuStu. zur Zt. machen. Er kaufte gleich von beiden je ein Exemplar.
Abends war Heinz v. Paepke da, der für einige Tage hierher gekommen ist. Er hat die Kampftage in Berlin mitgemacht u. wußte davon schauerliche Dinge zu erzählen. Er hat seine Familie über die grüne Grenze nach Krefeld zu den Schwiegereltern gebracht, wohnt aber selbst in Berlin. Er schmuggelt sich öfter über die grüne Grenze u. hat ein Urteil über den Unterschied der Zonen. Er gibt zu, daß die russische Zone die unerfreulichste ist.
Heute an Fritz geschrieben. Die vorhandenen Kartons habe ich nun alle zu Passepartouts verarbeitet; aber es sind noch Zeichnungen übrig. Ich denke, daß ich noch von dem steifen Aquarellpapier haben werde, auf dem ich im Jahre 1944 die ersten Oelbilder gemalt habe. Dieses Papier werde ich ebenfalls zu Passepartouts verarbeiten. Es fehlen mir nun bloß noch die Rückwände.
Wir bekamen zwei Zentner Steinkohlen gegen Wolle u. hatten heute ein schön warmes Haus. Schütz hat uns seit langem Koks versprochen u. hat dafür von uns zwei Paar Schuhe bekommen, aber den Koks hat er immer noch nicht geliefert.
Am Christkönigsbild male ich den Kopf, der sehr große Schwierigkeiten bietet. Ich habe es schon in der vorigen Woche von der Krone u. der Stirn her versucht, kam aber nicht weiter. Ich versuchte es dann von unten her, indem ich den Bart aus dem Gewande heraus entwickelte, wobei ich einige Anhaltspunkte hatte, aber es gelang nicht, den Anschluß an das von oben her flutende Licht zu finden. Heute habe ich deshalb das Haar in der unteren Partie nochmals vorgenommen u. bin von da aus in den Kopf hineingegangen. Dabei
Hans Brass: TBHB 1946-02-15. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-02-17_001.jpg&oldid=- (Version vom 14.11.2024)