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Seite:HansBrassTagebuch 1946-02-26 001.jpg

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Morgens eine hl. Messe liest. Es war unerklärlich, wieso er dann nicht schon am Dienstag Nachmittag hierher kommt. Wir nehmen an, daß das Ganze ein Irrtum ist u. er morgen schon kommt; – aber ich habe am Sonntag den Katholiken gesagt, er käme Mittwoch. Wir werden sehen. Die Sache geht durch Frau Dr. Völkel, die den Gottesdienst in Wustrow redigiert, aber der Sache nicht gewachsen ist u. lauter Unsinn anrichtet.

Dienstag, 26. Febr. 1946.     

     Heute war ein Tag voll bemerkenswerter Ereignisse. Morgens früh brachte unsere Trude die betrübende Nachricht, daß der kleine Sohn ihrer Schwester an Diphterie erkrankt sei u. Dr. Meyer die ganze Familie impfen werde. Trude muß deshalb nun zuhause bleiben.

     Vormittags malte ich am Gewande u. Bart des Christkönigs, doch mußte ich bald aufhören, da der Briefträger Totzke gestern Abend noch die Nachricht aus Wustrow brachte, daß der Pater nicht am Mittwoch, sondern schon am Dienstag, also heute, käme. Wir mußten alle Katholiken benachrichtigen u. sie zu 3 Uhr einladen u. mußten zudem das Zimmer vorbereiten. Um 3 Uhr war es brechend voll, aber kein Pater kam. Carmen Grantz hatte die Schwester von Frau Dr. Völkel getroffen u. diese hatte gesagt, der Pater käme erst am Mittwoch nach Ahrenshoop. Niemand wußte also Genaues u. nachdem wir eine halbe Stunde vergeblich gewartet hatten, gingen alle wieder nachhause.

     Um uns zu erholen, tranken Martha u. ich Kaffee u. ich ging dann in mein Zimmer. Es erschienen dann drei fremde Herren, d.h. den einen von ihnen kannte ich, es war der Maler Schmidt-Detloff aus Rostock. Die beiden anderen entpuppten sich als der Geschäftsführer der Sektion f. bild. Kunst im Kulturbunde, Herr Kreuzberg u. als der sog. Kunsthändler des Sektion, Herr Weiß. Letzterer könnte ebensogut ein Geschäft für Büromöbel oder sonst etwas haben, man sieht ihm an, daß er von Kunst nicht viel versteht, aber er macht den Eindruck eines gutmütigen u. anständigen Kerls. Herr Kreuzberg dagegen sieht vorzüglich aus. Er ist ein feiner, bescheidener u. intelligenter Mensch mit guten Manieren, er mag etwas über 30 Jahre alt sein, ungemein sympatisch.

     Die Herren sahen sich also meine Bilder an. Herr Weiß war sprachlos u. verstand nichts, um so entzückter waren die beiden anderen Herren. Herr Weiß gab sich rührend Mühe, irgendetwas zu verstehen u. bat mich um Hilfe, die ich ihm gab so gut ich konnte. Allmählich wurde er immer lebendiger, was sich dann noch erheblich steigerte, als ich meine Zeichnungen zeigte, die in ihren Passepartouts wirklich einen sehr guten Eindruck machen. Schließlich war Herr Weiß so begeistert, daß er am liebsten gleich sämtliche Bilder mitgenommen hätte. Er bot mir an, in der ständigen Kunstausstellung der Sektion ein besonderes Zimmer für mich einzurichten u. dort nur ausschließlich meine Bilder zu zeigen. Ich sagte ihm, daß ich daran kein Interesse hätte, ich wollte meine Bilder zurückhalten, bis ich einmal Gelegenheit haben würde, in einer geschlossenen Sonderausstellung groß herauszukommen. Da er aber nicht aufhörte zu bitten, gab ich nach u. versprach, ihm drei bis vier Bilder zu überlassen. Es ist ja möglich, daß sich auf diese Art die von mir erstrebte Sonderausstellung einmal verwirklichen läßt. Vorerst gab ich ihm zehn Zeichnungen mit, die er zunächst

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Hans Brass: TBHB 1946-02-26. , 1946, Seite 001. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-02-26_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.10.2024)