von Fritz, daß er entlassen ist, u. zwar auf Grund des Gesuches seiner Schwester Ruth. Er fährt jetzt erst nach Regensburg u. dann hierher, sodaß wir ihn, so Gott will, zu Ostern hier haben werden.
Es hat gestern den ganzen Tag bis in die Nacht hinein ununterbrochen geschneit u. es schneit auch jetzt immer noch ein wenig, so daß der Schnee bergehoch liegt.
Das Malvenbild wird sehr schön.
Gestern bekamen wir auch noch einen Brief von Fritz vom 20. Februar, der nun überholt ist. Ferner bekam ich einen Brief von Herrn Keßler, Berlin-Frohnau, Kastanienallee 57. Dieser Mann kaufte einmal ein Aquarell von mir durch Vermittlung von P. Benedikt Momme-Nissen, der damals Hausgeistlicher am Dominikus-Krankenhause in Herrnsdorf war. Herr Keßler, ein Angestellter der Berliner Gasag, stotterte den Kaufpreis von 100, Rm. in 10 Monatsraten à 10,– Rm. ab. Bei ihm war noch ein zweites Bild von mir, das ich immer abholen wollte, aber nie dazu kam. Jetzt schreibt er, daß er damals bei der Gasag hinausgeworfen worden sei u. von der Gestapo verhaftet u. vor ein Sondergericht gestellt worden sei u. daß er nun nach 8 Jahren wieder zuhause sei. Er schreibt nicht, was gewesen ist, aber es läßt sich ja unschwer erraten, daß er im Gefängnis war, weil er irgendetwas gemacht hat, was den Nazis nicht paßte. Er will nun gern das andere Bild auch haben, ich werde es ihm schenken. –
Heute Briefe von Fritz u. von Ruth, die schwer zu seufzen hat unter der naiven Selbstsucht ihres Mannes. Ferner bekamen wir nun doch vom Verlag den Tagesspiegel zugesandt, aber nicht über Post-Zeitungsliste, sondern im Briefumschlag. Auf diese Weise kommt diese Zeitung zwar später, aber sie kommt, während die Tägliche Rundschau, die wir seit dem 1. März mit etwa bloß dreitägiger Verspätung durch die Post beziehen, ein schreckliches Mistblatt ist. Es ist gradezu beschämend, eine solche Zeitung zu lesen.
Das Malvenbild ist heute fertig geworden. Nur Kleinigkeiten sind morgen noch zu machen. Das Bild ist eine Delikatesse in Bezug auf Farbe.
Nachmittags bei Triebsch, dem ich nun einen regelrechten theologischen Vortrag hielt.
Gestern am Abend kam Margot Seeberg mit ihrem Sohn Ando, der jetzt in Göttingen Medizin studiert. Frau S. war in Bln. gewesen u. hatte mit Jesuiten u. a. kathol. Geistlichen gesprochen, die alle dasselbe gesagt haben, was sich auch mir mehr u. mehr aufdrängt, nämlich daß wir hier östlich der Elbe uns allmählich auf Rußland einstellen müssen, wenn wir überhaupt weiter leben wollen. Ando berichtete aus Göttingen, wo an der Universität voller Betrieb ist. Göttingen liegt in der englischen Zone. – Frau S. erzählte, die Berliner Geistlichen hätten gesagt, daß eine Annäherung an Rußland sehr schwer sei, erstens, weil wir Deutschen alle kein Russisch können u. eine private Aussprache deshalb nicht möglich ist, u. zweitens, weil die Russen von den Engländern u. Amerikanern geschnitten werden. Man kann sie nicht zusammen einladen, wo Russen sind, gehen die Engländer u. Amerikaner nicht hin. Aber sie meinte, daß es in Berlin unter den Russen doch viele gebildete
Hans Brass: TBHB 1946-03-06. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-03-07_001.jpg&oldid=- (Version vom 15.11.2024)