Liturgie. – Gesundheitlich geht es mir befriedigend, obgleich ich heute etwas mehr die Niere spüre u. Nachts nicht ganz einwandfrei geschlafen habe. Dagegen habe ich seit meiner Erkrankung heute zum ersten Male normalen, gesunden Stuhl.
Nachmittags mit Martha den Kreuzweg gebetet. Martha ging dann zu Frau Longard.
Es ist wunderbares Osterwetter, die warme Sonne, in der ich täglich hinter dem Fenster sitze, – denn draußen war es all diese Tage hindurch noch recht kalt trotz Sonnenscheins –, hilft mir mächtig zur Gesundheit. Heute aber ist es auch draußen warm. – Am Fenster beobachte ich, wie viele Leute doch mit Kuchen zum Bäcker Hagedorn gehen, – die Leute haben doch alle viel mehr, als unser einer. Frau Handschak, die während meiner Krankheit so treulich im Hause geholfen hat, stellte dasselbe fest. Sie sagt, sie habe gemeint, daß wir mehr hätten, als andere, aber sie habe gesehen, daß wir viel weniger hätten.
Unsere Trude ist heute zuhause geblieben, weil dort heute Hochzeit ist. Ihre Schwerter Lieschen heiratet heute den Steuermann oder jungen Kapitän, mit dem sie sich schon vor dem Kriege verlobt hatte. Diese Verlobung ist dann wieder auseinander gegangen, da der junge Mann im Kriege Leutnant der Marine geworden war u. Lieschen nun plötzlich unter seinem sozialen Stande war. Jetzt hat sich das Blatt gewendet, – er ist nichts u. hat nichts zu tun er hilft jetzt dem alten Dade beim Fischen u. fällt den Alten zur Last. Nun wird geheiratet. Es ist natürlich eine ganz große Hochzeit, die Wände des kleinen Katens werden wackeln. Gewiß wird Trude dafür sorgen, daß auch wir etwas vom Hochzeitskuchen abbekommen.
Gesundheitlich fühle ich mich heute vollständig wohl. Es ist nun auch schon die sechste Woche, seit ich mich hinlegte. Ich habe auch körperlich zugenommen, was ich nur Spangenberg, Trude u. Oehmkes zu danken habe.
Bernhard Saatmann, der mir vorgestern Haar u. Bart schnitt, brachte mir eine Flasche Traubensaft, den seine Frau eingekocht hat. Auch von Frau Rewoldt bekamen wir heute eine Flasche Milch. – Den ersten Abschnitt der Euvernil-Kur habe ich nun beendet, in 14 Tagen soll ich die Kur wiederholen. Es scheint, daß dieses Mittel mir sehr geholfen hat.
Ein wunderschöner Ostertag mit warmer Frühlingssonne, wenigstens am Vormittag. Am Nachmittag bezog es sich leider wieder u. es wurde kühl. Zum Frühstück kam Trude u. brachte eine große Schale voll von herrlichstem Hochzeitskuchen, wie man ihn in Friedenszeiten kaum bekommt, u. so viel, daß wir für morgen noch genug haben. Nachher war unsere Osterandacht. Es war wieder so voll wie im vorigen Jahre. Ich war sehr ergriffen, als ich diese Fülle der erwartungsvollen Menschen sah, sodaß ich zu Anfang des Staffelgebet kaum sprechen konnte. Meine Ansprache war gut durchgedacht u. sehr wirkungsvoll. Wir sangen viel auch zum Schluß das Ite missa ist mit den beiden Alleluja, – es war sehr schön.
Hans Brass: TBHB 1946-04-19. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-04-20_001.jpg&oldid=- (Version vom 1.11.2024)