Von unserem Fritz ist leider immer noch keine Spur zu sehen oder zu hören.
Die letzten beiden Vorträge gestern Nachmittag behandelten ausschließlich das Gebet als das Mittel, zu Gott zu kommen u. die Schwierigkeiten des Lebens, besonders unserer Zeit, zu überwinden.
Der gestrige Tag hatte begonnen mit einem feierlichen Hochamt. Es war ja auch der Herz-Jesu-Freitag. Am Schluß der Vorträge versammelten wir uns alle nochmals vor dem Altar, wo P. Drost für uns alle tief empfundene Gebete sprach. Wir sangen dann gemeinsam das Te Deum u. dann noch „Maria breit den Mantel aus“ u. „Meerstern ich dich grüße“. – Nachdem P. Drost das Zimmer verlassen u. alles eine Weile in Stille verharrt hatte, erhob sich die gute, alte Frau Longard und sprach im Namen aller Teilnehmer ihren Dank aus, daß Martha u. ich ihnen allen diese Tage ermöglicht hatte. Ich antwortete, indem ich den Dank gern für uns annahm, ihn aber weitergab an P. Drost u. vor allem an Gott, den himmlischen Vater, der uns diese Gnade geschenkt hat, u. zwar nicht bloß die Gnade dieser Tage, sondern überhaupt seit 1939, seit dem Ausbruch des Krieges. Ich schilderte kurz, wie es vor dem Kriege war: wie wir überhaupt keine Notiz davon genommen hätten, daß außer uns im Orte noch zwei oder drei andere Katholiken lebten, ebensowenig, wie diese von uns Notiz genommen hatten. Als dann der Krieg ausbrach u. wir nicht mehr am Sonntag nach Müritz zum Gottesdienst fahren konnten, haben Martha u. ich still für uns angefangen, eine Sonntagsandacht zu halten. Damals waren noch die Aquinata-Schwestern am Ort, aber das Haus wurde ihnen gekündigt u. damit fielen auch die kurzen Sommerwochen fort, in denen geistliche Herren hier waren u. Messe lasen. Es schien so, als wäre nun alles aus; aber wir kamen dadurch in den Besitz des Altars u. des Paramentenkoffers. Um diese Zeit machte der Rektor in Müritz den Pfarrer Dobczynski darauf aufmerksam, daß hier in Ahrenshoop einige Katholiken säßen u. er kam von da an vier Mal im Jahre zu uns. Inzwischen hatten, auch unsere Sonntagsandachten bescheidenen Zuspruch gefunden: zuerst Frau Monheim, die regelmäßig kam, später kam noch der eine oder andere. Auch in der Batterie fanden sich Katholiken.
So ging es den Krieg hindurch bis Pfr. Dobczynski dann im Juni 1945 starb. Wieder schien alles aus zu sein; aber die Teihnahme an den Sonntagsandachten hatte inzwischen sehr zugenommen, denn es gab nun ja so viele Flüchtlinge aus Schlesien u. Ostpreußen. Da kam P. Drost nach Ribnitz. Der Hl. Geist fügte es, daß Frau Margot Seeberg nach Ribnitz fuhr u. den Dr. Thron besuchte, just in dem Augenblick, als auch P. Drost bei Dr. Thron einen Besuch machte. Frau S. erzählte ihm von uns u. erweckte seine Neugierde, sodaß er sich zu Fuß auf den langen Weg hierher machte. Es war im Winter. Von da an kam P. Drost regelmäßig alle vier Wochen u. als er dann nach Rostock versetzt wurde, empfahl er uns seinem Nachfolger P. Beckmann, der sich unserer mit nicht geringerem Eifer annahm. Und nun konnten wir sogar so etwas wie dreitägige Exerzitien halten. Es ist Gnade über Gnade. –
Nach dieser Schlußandacht tranken wir wieder bei
Hans Brass: TBHB 1946-05-03. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-05-04_001.jpg&oldid=- (Version vom 2.11.2024)