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Seite:HansBrassTagebuch 1946-05-13 001.jpg

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immer entschiedener sich zum Abstrakten hinwendet. Anders ist auch die Fortführung der natürlichen Wirklichkeit zur reinen Idee der Dinge nicht zu erreichen. Ich bin mir klar darüber, daß ich mir auf diese Weise den Weg zum Verständnis in breiteren Schichten völlig verbaue, aber ich kann mich deshalb nicht abhalten lassen. Ich sehe, daß es keinen anderen Weg gibt, um das auszudrücken, was ich meine, u. daß dieser Weg richtig ist. Das Bild, das ich auf diese Weise mache, ist zwar bestimmt kein Bild dessen, was Gott eigentlich gedacht hat, als er das Ding schuf u. zu dem das Ding hinstrebt; aber mein Bild liegt doch bestimmt auf dieser Linie insofern, als es die rohe Malerei überwindet u. von der Vielheit der Formen zur Einheit strebt. Mögen die Menschen das nun verstehen oder nicht, es soll mir gleich sein.

Montag, 13. Mai 1946.     

     Man hört heute, daß gestern im Kurhause die maßgebenden Leute versammelt waren, die die Vorbereitungen zu treffen haben, um Ahrenshoop zum Erholungsort für geistig Schaffende zu machen. Es soll auch der Herr „Oberregierungsrat“ Venzmer aus Schwerin dagewesen sein. Diese Sache gewinnt also offenbar Gestalt.

     Heute wurde mein Bild der Himmelskönigin fertig, – eigentlich ganz überraschend. Martha ist von diesem Bilde sehr entzückt. – Leider fühlt sie sich heute nicht wohl u. ist ins Bett gegangen.

     Im Garten hat Trude heute Tomaten gepflanzt, sowie Dahlien. Ich kann mich nun nicht mehr um den Garten kümmern u. so wird er langsam verwahrlosen. Die Tomaten sind einfach in die Erde gesetzt worden ohne jeden Kompost, denn es ist zu schwer u. zu mühsam, den Kompost nach vorn zu bringen; aber dafür wird auch nichts draus werden. Die Steinterrasse vor dem großen Hause ist total verunkrautet, da kann man nichts mehr bei tun.

Dienstag, 14. Mai 1946.     

     Heute von Erichson Nachricht, daß Fritz im Quarantänelager Fürstenberg ist, wo er offenbar Erichsons Schwiegersohn Dr. Glöde angerufen hat, um uns diese Nachricht zu übermitteln. Danach können wir Fritz nicht vor dem 22. Mai erwarten. So schieben sich die Termine immer weiter hinaus.

     Von Pater Joh. Beckmann Nachricht aus Ribnitz, daß er am kommenden Sonntag nachmittags zu uns kommen wird, um Erna, das Mädchen von Frau Longard, mit ihrem Verlobten zu trauen. Dieser war Soldat, Gefangener, u. ist seit einiger Zeit hier. Das Paar will heiraten, kann es aber nur Sonntags tun, da er dienstverpflichtet ist nach Ribnitz, wo er das Werk von Bachmann abzubauen helfen muß. Die Arbeit wird drei Monate dauern. – Bachmann scheint damit völlig erledigt zu sein. Sein Haus hier ist ebenfalls beschlagnahmt worden u. soll, so viel ich weiß, für die Künstler mit zur Verfügung gestellt werden, die der Kulturbund hierher transportieren wird. Am kommenden Sonntag soll abermals eine Beratung hierüber hier stattfinden, zu der auch des Landrat erscheinen soll.

     Das Bild der Himmelskönigin ist, wie ich heute feststellen konnte, wirklich sehr schön geworden. Merkwürdigerweise hatte ich gestern garkein Gefühl dafür, es war mir ganz gleichgültig. – Heute habe ich noch einmal das letzte

Empfohlene Zitierweise:
Hans Brass: TBHB 1946-05-12. , 1946, Seite 002. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-05-13_001.jpg&oldid=- (Version vom 10.10.2024)