Heute wurde das große Bild fertig, obwohl ich damit noch nicht gerechnet hatte.
Vormittags Rabarber mit Jauchewasser begossen u. sonst ein wenig im Garten getan. Es ist endlich wieder schönes Wetter. Nachmittags waren wieder einige Leute zur Besichtigung von Bildern da: ein älterer Herr mit weißem, kurzen Kinnbart, der von Beruf ursprünglich Forstmann war u. sich jetzt Bildhauer nennt, sodann eine Dame, die vielleicht seine Frau war. Ferner eine andere, sehr große, schlanke ältere Dame, die, wenn ich nicht irre, Weberin ist. Später kam noch der Maler u. Graphiker Heiling dazu u. schließlich noch Dr. Burgartz. Anfangs war auch die alte Frau Dettmann dabei, die aber dummes Geschwätz machte u. glücklicherweise bald ging. Die übrigen waren sehr verständig u. gingen gut auf die Bilder ein, sodaß ich in der Lage war, dazu etwas zu sagen.
Die große, schlanke, ältere Dame war eine Frau Dodell u. ist die Enkelin des Malers Kallmorgen. Sie scheint ja ganz ungewöhnlich von meinen Bildern beeindruckt gewesen zu sein. Martha erzählt mir, daß sie nach dem Besuch bei mir noch bis zum Geschäftsschluß in der BuStu. gewesen sei u. immerfort nur begeistert von meinen Bildern gesprochen habe.
Der Herr mit dem Kinnbart, dessen Namen niemand weiß, hat darum gebeten, mit mir einmal allein sich unterhalten zu dürfen.
Dr. Burgartz, der ja von je her sehr für meine Bilder eingenommen ist, sprach davon, daß er im Herbst nach Berlin fahren wolle u. daß er bei dieser Gelegenheit gern versuchen wolle, mir die Möglichkeit einer geschlossenen Kollektiv-Ausstellung zu vermitteln. Es ist das sehr gut von ihm gemeint u. es würde durchaus meinen Wünschen entsprechen; aber Herr Dr. B. ist nicht der Mann dazu, der dergleichen fertig bringt.
Vormittags erschien plötzlich Dr. Tetzlaff, aus Greifswald kommend, bei uns auf der Bildfläche. Er hat Urlaub von Badenweiler u. zum ersten Male Gelegenheit, seine Mutter u. die übrigen Familienmitglieder zu sehen, so weit sie da sind. Zwei Brüder sind noch nicht wieder zuhause, aber sie sind alle am Leben u. bei guter Gesundheit. Dr. T. selbst, der ja noch nie gesund ausgesehen hat, tut das auch jetzt nicht u. es scheint ihm nicht schlechter zu gehen als sonst, seitdem er wirklich krank geworden ist u. von Berlin fortging. Er wollte morgen wieder nach Greifswald zurückfahren, doch ließ er sich leicht überreden, über Sonntag zu bleiben u. bei uns das hl. Meßopfer zu feiern. Trude ist nach Ribnitz gefahren, um von P. Beckmann Wein u. Hostien zu holen.
Am großen Bilde war noch einiges zu tun, was ich am Vormittag getan habe. Es ist nun doch sehr schön geworden. Nachmittags zeigte ich Dr. T. die Bilder. Er war über die Entwicklung erstaunt u. sehr beeindruckt besonders vom Christkönigsbild.
Später war Frau Masurek aus Berlin da u. schenkte
Hans Brass: TBHB 1946-06-25. , 1946, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-06-25_001.jpg&oldid=- (Version vom 8.11.2024)