für unsere Gegend jetzt begonnen zu haben scheinen, zunehmend schlimmer aus. Byrnes, der amerikan. Außenminister bei der gegenwärtigen Konferenz in Paris fordert nun die Einberufung der Friedenskonferenz zum 20. Juli u. es fragt sich, ob der Russe Molotow diese Konferenz wieder durch sein Veto zum Scheitern bringen wird. Die Lage ist sehr gespannt. Am 30. Juni um 23.30 Uhr deutsche Zeit hat der mit großer Spannung erwartete Atombomben-Abwurf in der Südsee stattgefunden. Einige Gelehrte hielten für möglich, daß durch diese Explosion der Anfang einer Kette unkontrollierbarer Atom=Explosionen entstehen könnte. Man hat bis jetzt nichts dergleichen gehört, aber es könnten sehr gut Explosionen auf politischem Gebiet stattfinden, die vielleicht noch folgenschwerer sein könnten. Dazu hört man wieder neue Meldungen über die Unsicherheit in Polen u. revolutionäre Anzeichen. Es sieht schlimm aus.
Bei uns in der russischen Zone rüstet sich alles für die Kommunalwahlen, die nun endlich im September stattfinden sollen. Man erkennt jetzt schon, daß es eine richtige Nazi-Wahl werden wird, denn nur die politischen Parteien haben das Recht, Wahlvorschläge einzureichen, sodaß also Parteilose nicht gewählt werden können. Ich selbst werde mich also nicht wählen lassen können.
Von Dr. Sinn bekamen wir heute ebenfalls einen Brief, in dem er mitteilte, daß er sich bei Karl Hofer wegen Ausstellungs-Möglichkeit für mich verwendet habe. Er bittet um Fotos. Der Ausstellungs-Gedanke scheint sich also zu verdichten.
Sehr heißer Tag, 30° im Schatten. Martha kam recht erschöpft von Ribnitz zurück, sie hatte das Glück, von Herrn Michelsen im Auto hergebracht zu werden.
Vormittags an der Treppe gemalt. Nachmittags die Sonntags-Andacht vorbereitet. Fritz zeigte die ersten Abzüge der Kirschzweige u. der Himmelskönigin, beide sind sehr gut.
Nachmittags war nochmals der Maler Heiling da, um meine Bilder noch einmal zu sehen. Er zeigte viel Verständnis u. entpuppte sich als sehr gläubiger, evangel. Christ. Er sprach von einem evang. Pfarrer, der in der nächsten Woche hierher kommen werde u. der sich sicher ebenfalls sehr für meine Bilder interessieren würde. Herr H. war wohl gut eine Stunde lang bei mir. Ueber Rembrandt sagte er einige gute Bemerkungen. Er meint, zu fühlen, wie dieser Zeitgenosse des 30-jährigen Krieges auf den Trümmern seiner Zeit steht u. feststellt, was nun eigentlich noch da ist. Er sagt das, indem er ihn mit Rubens vergleicht, der noch ganz aus der Fülle schöpft. Ueber die zahlreichen Selbstportäts des R. meinte er, R. habe sie gemacht, um zu prüfen, ob man „mit solcher Fresse“ eigentlich vor Gott treten könne.
Hans Brass: TBHB 1946-07-03. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-07-04_001.jpg&oldid=- (Version vom 11.11.2024)