Heute wollten mehrere Menschen meine Bilder sehen, es kam aber nur ein Herr Knochenhauer, der Musiker u. Komponist, anscheinend aus Danzig, ist u. außerdem selbst Bilder malt, da er wohl ursprünglich Maler werden wollte. Jedenfalls behauptet er, die Berliner Hochschule für bild. Künste zu einer Zeit besucht zu haben, da diese noch von Anton von Werner geleitet wurde. Der Mann war schrecklich eitel u. geschwätzig, sodaß die ganze Vorführung der Bilder ein recht zweifelhaftes Vergnügen war.
Als er gegangen war u. ich die Bilder grade wieder fortgeräumt hatte, kam Frau Kuhrt u. sagte, daß nun auch die anderen Herrschaften gekommen wären. Ich hatte nun aber genug u. bedauerte sehr, nicht in der Lage zu sein, die Sache nochmals zu wiederholen. Herr Knochenhauer wird, wenn er ein Konzert gibt, sich wohl auch weigern, dasselbe nochmals zu wiederholen für solche, die zu spät gekommen sind. Er gibt übrigens ein solches Konzert, ich glaube morgen Abend, im Hause Koehn, u. lud mich dazu ein, doch schützte ich meine Krankheit vor, um abzulehnen. Darauf erklärte er, daß er zu mir kommen würde, um mir etwas vorzuspielen. Vielleicht redet er dergleichen bloß, im anderen Falle werde ich es über mich ergehen lassen müssen.
Abends war der Maler Heiling nochmals da, um allerhand Dinge zu besprechen, um die Martha ihn gebeten hat. Er wird uns als Graphiker sicher allerhand gute u. brauchbare Sachen machen können. Jedenfalls ist er ein sehr netter u. sympatischer Mensch. Er leidet an einer Krankheit, durch welche die Gelenke deformiert werden u. diese Krankheit macht leider immer weitere Fortschritte. – Er berichtete mir einiges über Herrn Knochenhauer, wonach dieser Mensch nicht nur eitel u. geschwätzig, sondern auch sonst nicht ganz stubenrein ist. Auch über den Pastor Kleinschmidt, welcher im Kulturbund eine so große Rolle spielt u. Ministerialdirektor im Propagandaministerium in Schwerin u. nebenher auch Pastor ist, wußte er mir aufklärende Daten zu geben. Dieser Mann war evang. Pastor in Thüringen, als die Nazis an die Macht kamen. Da er Mitglied der SPD. war, mußte er natürlich verschwinden u. wurde Konferencier in einem Berliner Kabarett. Für einen Pastor immerhin ungewöhnlich.
Andacht schlecht besucht, da alles, was beweglich ist, jetzt in den Darss geht um Blaubeeren zu suchen. Trotzdem war nach Ansicht des Beteiligten die Andacht besonders schön.
An Else ausführlich geschrieben, damit sie einen aufmunternden Brief zuhause vorfindet, wenn sie aus ihrer Kur aus Blankenburg zurückkommt. Das neue religiöse Erleben in ihr ist wohl für sie verwirrend, so wie es bei mir ja anfangs auch war. – Nach Tisch mit Martha kleinen Spaziergang gemacht, sehr schönes Wetter. Sonst nichts von Belang. Fritz will am Mittwoch nach Berlin fahren, wenn er zurückkommt, will Martha fahren.
Es wird nun die Frage wichtig, ob ich nicht doch in die Christlich-Soziale-Union eintreten soll, damit eine CDU=Liste zur Gemeindewahl aufgestellt werden kann.
Hans Brass: TBHB 1946-07-06. , 1946, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-07-06_001.jpg&oldid=- (Version vom 11.11.2024)