Gesundheitsministerium Ministerialrat oder so was ähnliches ist. Er brachte noch einen großen, schlanken Herrn mit, der mir als Katholik vorgestellt wurde, ferner war in seiner Gesellschaft Dr. Daubenspeck, der eben aus amerikan. Gefangenschaft gekommen ist u. bejammernswert elend aussieht, so wie ein Herr Weiß u. seine Frau, Rechtsanwalt aus Berlin. Alle diese Leute gingen bald wieder fort, da Dr. Jaeger von Berlin aus mit dem Auto dienstlich in Ribnitz war u. nur zu einem raschen Besuch herübergekommen war. Später kam das Ehepaar Weiß nochmals zurück u. ich mußte alle Bilder nochmals zeigen. Dieser Herr Weiß kennt Onkel August, der angeblich in Berlin in der Gegend des Stettiner Bahnhofs eine neue Praxis aufgemacht hat. Er muß meiner Schätzung nach mindestens 75 Jahre, wenn nicht älter sein. – Mit einem Male kennen viele dieser Leute Herrn Gerd Rosen, den Kunsthändler in Berlin, u. alle sind eifrig erbötig, für mich mit Rosen zu verhandeln.
Morgen hat sich Frau Else Waros-Eitner bei uns angemeldet.
Ich malte heute, was selten vorkommt, auch Nachmittags am Lupinen-Bilde, da Martha mir gesagt hatte, daß heute keine Interessenten für meine Bilder da wären. Aber es kam anders. Der junge, invalide Fallschirmjäger=Maler hatte wohl mein Lob gesungen u. ein Ehepaar neugierig gemacht. Der Mann ist Schauspieler u. Schriftsteller, hat, wie er sagt, 10 Jahre im Konzentrationslager gesessen. Mit diesem Ehepaar kam natürlich auch der junge Maler, sowie sein Freund u. dessen Frau, die auch gestern schon da waren. Der Schauspieler, um den es sich handelte, ist ein Mann, der sich große Mühe gibt, zu verstehen, doch ist er etwas sehr selbstbewußt. Schließlich gab er doch zu, von meinen Bildern stark beeindruckt zu sein.
Während wir die Bilder besichtigten, traf Frau Eitner ein, die wir erst zum Abend erwartet hatten. Sie ist nun doch recht mager geworden. – Zum Kaffee war Mett aus Born da, der in Prerow die frühere Volkshochschule von Dr. Klatt wieder aufziehen will, doch kann er es nicht weil er Parteigenosse war u. bis jetzt noch nicht entnazifiziert worden ist. Inzwischen betreibt er in Born die Entwässerung u. Kultivierung von Weideland zu Ackernland.
Abends erzählt mir Martha, daß dieser Schauspieler unbedingt ein Bild von mir kaufen will. Er sagte bei mir zuletzt: „Ich bin von mehreren Seiten sehr neugierig gemacht worden auf Ihre Bilder, aber ich muß nun doch gestehen, daß ich sehr beeindruckt bin“. Dieses „aber“ drückt aus, daß er trotz allem, was ihm über meine Bilder gesagt worden war, skeptisch war u. daß diese Skepsis jetzt vorbei ist. Das ist ja sehr schön, aber ich will nun doch kein Bild verkaufen, ehe ich nicht alle Bilder zusammen in Berlin ausgestellt habe.
Heute vormittag wurde mein Lupinen-Bild fertig. Ich hatte damit nicht gerechnet u. war überrascht.
In Paris ist nun von Deutschland die Rede u. Molotow hat eine bemerkenswerte Rede gehalten. Er hat sich dagegen ausgesprochen, aus Deutschland einen Agrarstaat zu machen, Deutschland müsse neben der Landwirtschaft auch Industrie
Hans Brass: TBHB 1946-07-11. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-07-12_001.jpg&oldid=- (Version vom 9.11.2024)