Das Bildnis Dr. T. scheint keine wesentlichen Schwierigkeiten zu bieten, es geht viel leichter, als ich gedacht hatte. Aber vielleicht kommen die Schwierigkeiten noch.
Nachmittags zeichnete ich einen Bildentwurf nach der Rosenstudie, die ich an meinem Geburtstage machte. Solche Zeichnungen werden, wenn ich demnächst kein Material mehr haben werde, alles sein, was ich dann noch machen kann. Das ist eine bedrückende Aussicht.
Es ist sehr schönes Wetter. Morgen kommt Fritz zurück. –
Seit mehreren Tagen ist kein, „Tagesspiegel“ mehr eingetroffen. Es heißt, daß die Russen der Post verboten haben, diese Zeitung zu befördern. Es ist das eine empörende Maßnahme, u. dieser Staat redet von Demokratie. –
Das Nichtrauchen fängt an, eine rechte Quälerei zu werden. Ich dachte, daß ich mich daran gewöhnen würde, aber je länger es dauert, um so schwerer wird es.
Vormittags am Bildnis gemalt, das sehr gut wird. Es ist dies das erste Portait meines Lebens u. es scheint so, als hätte ich dafür eine besondere Begabung. Es ist schade, daß ich nie Gelegenheit gehabt habe, dergleichen zu machen u. vermutlich auch in Zukunft nicht viel Gelegenheit dazu haben werde.
Nachmittags den Entwurt für das Rosenbild fertig gemacht, es kann sehr schön werden. Um 5 Uhr kam Bürgermeister Schröter u. seine nette, bescheidene Frau, um Bilder zu sehen. Herr Schröter ist sehr überschwänglich, so daß man nicht weiß, ob er wirklich das empfindet, was er zur Schau trägt. Er macht sich wohl selber viel vor u. er weiß selbst nicht, was echt u. was unecht an ihm ist. Die Frau war still, aber zum Schluß hatte ich die Empfindung, als hätte sie wirklich von den Bildern etwas gehabt.
Gegen Abend kam der Stadtrat Matern, der der Hauptmacher des Kulturbundes in Rostock ist, mit Herrn v. Achenbach, der sich doch früher stark gemacht hatte, mein Haus nicht zu betreten. Herr Matern ist aber im Kulturbund sein Chef u. so mußte er schon. Herr M., den ich bisher nicht kannte, stellte sich vor u. bat, meine Bilder sehen zu dürfen. Ich führte beide Herren rauf ins Atelier u. führte die Bilder vor. Herr M. fragte, warum ich nie in Rostock ausgestellt hätte. Ich sagte ihm, daß ich kein Interesse daran hätte, einzelne Bilder auszustellen, daß ich alle Bilder ausstellen wollte, oder garnicht. Er ging sofort darauf ein u. stellte mir den Raum dazu im Rostocker Museum zur Verfügung. Er sagte, daß in den nächsten Tagen der Museums-Direktor kommen u. alles mit mir besprechen würde, sodaß die Ausstellung um den 15. Sept. eröffnet werden könnte. – Herr M. beurteilte meine Bilder so, wie ein Fachmann Pferde oder Hunde beurteilt. Er sah, daß mit meinen Bildern etwas los ist, daß sie beim großen Publikum keinen Anklang finden würden, aber desto mehr bei Kunstverständigen u. das ist es, was er will. Er ist überhaupt ein sehr zielbewußter u. energischer Mann, obgleich er klein u. schmächtig ist. Er sagte, daß die Leitung des Kulturbundes in Schwerin leider versagt
Hans Brass: TBHB 1946-07-17. , 1946, Seite 1. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-07-17_001.jpg&oldid=- (Version vom 11.11.2024)