Von Herrn Dr. Gräbke, dem Museumsleiter in Rostock, bekam ich gestern Nachricht, nach der er sich freut, meine Bilder in geschlossener Uebersicht zu zeigen. Er wird in den ersten Augusttagen herkommen.
Sehr erfreulich ist, daß Martha eine große Tube Weiß in Berlin ergattern konnte.
Ich vergaß, zu notieren, daß in der Woche Frau Margot Seeberg bei mir war, um wieder einmal über die Möglichkeit einer CDU. in Ahr. zu sprechen. Notfalls wollte sie selbst die Schritte tun, um eine Ortsgruppe zu bilden. Sie meinte, wenn nichts geschähe, müßten wir zur Wahl das Feld der SED. allein überlassen. Ich setzte ihr auseinander, daß auch die SED zu schwach sein würde, um eine Liste aufzustellen. Sollte sie es wider erwarten doch tun können, dann wäre auch das kein Unglück denn in einer dörflichen Gemeindevertretung spielt die Partei überhaupt keine Rolle. In der Gemeindeverwaltung wird doch bloß getan, was von oben befohlen wird oder was sonst wirtschaftlich notwendig ist. Es kommt darauf an, daß die Gemeindevertreter vernünftige Menschen sind, welcher Partei sie angehören, ist völlig gleichgültig. – Frau S. ließ sich überzeugen u. ging erleichtert davon, denn sie wollte selbst nicht gern eine solche Last auf sich nehmen. Inzwischen haben sich erfreulicherweise einige junge Leute zusammengefunden, die von sich aus eine Wahlliste aufstellen wollen. Fritz ist dabei, ferner Herr Schelper u. Trude Krull=Schmandt. Das wäre sehr gut.
Wir konnten gestern die Andacht wiederum ausfallen lassen, da P. Beckmann am Nachmittag 6 Uhr in der Wustrower Kirche ein Hochamt hielt. Martha u. ich fuhren mit dem kleinen Omnibus von Johannsen, der jetzt täglich zweimal nach Ribnitz fährt u. etwa 10 Personen faßt. Wir waren allerdings zwölf u. ein Kind. Es war sehr eng aber wir kamen gut hin. Die Kirche, die ich zum ersten Male von innen sah, ist protestantisch nüchtern u. schablonenhaft, aber sie zeigt keine wesentlichen Geschmacklosigkeiten. Außerdem hat sie eine vorzügliche Akustik. Der Gottesdienst war ziemlich gut besucht, P. Beckmann sprach sehr gut u. der kirchliche Raum regte ihn offensichtlich an. Ich diente ihm bei der Messe. – Nach der Messe sprachen wir ihn u. das junge Paar, welches heiraten will u. nun endlich alle Papiere in Ordnung hat. Die bedingte Taufe des jungen Mannes soll am kommenden Montag bei uns stattfinden, P. B. wird dazu wohl herüber kommen. Den Termin der kirchlichen Eheschließung wird er dann erst festsetzen, möglicherweise muß das dann der Kaplan Wagner machen, denn P. B. ist durch die Ankunft vieler Tausender sudetendeutscher Flüchtlinge überaus in Anspruch genommen. – Wir machten uns dann auf den Rückweg. Johannsen überholte uns aber mit seinem Omnibus u. wir konnten auch zurück fahren. –
Abends waren Herr + Frau Dr. Lindner da. Er erzählte von den berliner Kampftagen, die er sehr stark erlebt hat. Es muß grauenvoll gewesen sein.
Heute vollendete ich das Rosenbild. Es ist schön geworden.
Hans Brass: TBHB 1946-07-27. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-07-29_001.jpg&oldid=- (Version vom 11.11.2024)