muß. Der deutsche Kommunismus ist noch ein Säugling u. ein solcher macht eben zunächst die Windeln voll u. es muß jemand da sein, der sie wieder auswäscht. – Die ganze Debatte mit Dr. P. hat diese Ansicht in mir bedeutend gefestigt, besonders, da daraus hervorging, daß meine Ansicht über die CDU. richtig ist. Jakob Kaiser, der Führer der CDU., ist sicher ein kluger u. sauberer Mann, der klare Erkenntnisse hat u. die Situation übersieht; aber die Masse der CDU-Mitglieder ist nichts als reaktionär u. ist dazu noch zu feige, das offen zu sagen. Sie tarnen sich unter einem „Christentum“, mit dem sie garnicht ernst machen u. zerren das Christentum in einen Kampf, der diesem sehr schaden wird.
In der Landeszeitung steht ein Aufruf des Kulturbundes zur Wahl, natürlich im Sinne der SED. Er ist von den Prominenten des Kulturbundes für Mecklenbg.-Vorpommern unterschrieben. An der Spitze Dr. h.c. Willi Bredel, der im Sommer hier war, ohne daß ich ihn kennen lernte. Er wohnte bei Erichson u. ist Landesleiter. Ferner der Rektor der Rostocker Universität Prof. Rienäcker, Lucie Höflich, Ehm Welk, Karl Kleinschmidt, Heinr. Tessenow, Erichson u. vielen anderen, die ich nicht kenne.
Nachmittags Begräbnis der alten Frau Meier. Es war dürftig, kaum daß Menschen da waren, nicht einmal Träger für den Sarg waren genug da, sodaß der alte Meier selber anfassen mußte. Aber Pfarrer Pleß war gekommen u. hielt eine tiefe u. innige Leichenrede, viel inniger als beim Begräbnis des Bauern Paetow. –
Vormittags besuchte mich ein Herr Manfred Pahl=Rugenstein aus Berlin u. sah meine Bilder. Nachmittags ebenso der Maler Albrecht u. seine Frau, der mir einen guten Ueberblick über das Kunstleben in Berlin gab.
An Prof. Resch schrieb ich einen Brief u. begründete ihm, warum ich lieber darauf verzichten wolle, seine Faust=Dichtung zu illustrieren. Hoffentlich nimmt er's nicht übel.
Martha erzählt mir, daß gestern der Rektor der Universität Leipzig in der BuStu. war u. davon gesprochen hätte, daß ich ein Meisteratelier an der Leipziger Kunstschule erhalten müßte. Damit kommt eine neue Perspektive auf. Ich würde einen solchen Ruf allerdings sehr gern annehmen. Der Rektor heißt: Prof. Dr. Gadamar.
Vormittags war ein. Dr. med. Kurt Schwaiger aus Berlin mit seiner Frau da, um Bilder anzusehen. Beides sehr nette Menschen. Er möchte gern das Vorkaufsrecht auf das Bild „Weidenkätzchen“ haben. Gestern Abend ganz spät kam jener Herr Ursin aus Dessau, der vor einigen Tagen hier war, mit einem Mädchen (?) u. wollte Quartier haben. Ich verwies ihn an das Kurhaus. Er schien verschnupft zu sein, daß ich ihn nicht bei mir unterbrachte. Was daraus geworden ist, weiß ich nicht, im Kurhaus wird er kaum untergekommen sein. – Regenwetter bei Nordwind. –
Hans Brass: TBHB 1946-08-24. , 1946, Seite 3. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-08-25_001.jpg&oldid=- (Version vom 17.11.2024)