sie die Herkunft des bei ihr gefundenen Brotes nicht nachweisen. – Bald darauf wurde sie krank. Kaum wieder gesund, bekam sie eine Lungenentzündung, an der sie nun gestorben ist. Martha war am letzten Freitag bei ihr im Krankenhause u. sie sagt, daß es da schon hoffnungslos mit ihr ausgesehen habe. –
Plötzlich haben die Russen jeglichen Autoverkehr verboten, auch die Verkehrs-Omnibusse sind eingestellt, sodaß wir an Frau Dr. Riemschneider telegraphieren mußten, daß nur die Dampfer-Verbindung nach hier besteht, ab Ribnitz 2 Uhr. Sie muß also schon früh von Schwerin abfahren, wenn sie den Dampfer erreichen will.
In der Landeszeitung verbreitet sich ein Herr Harald Oberg aus Wismar unter dem Titel „Abwege der Kunst“ über meine Schweriner Ausstellung in einer höchst arroganten Weise. Dieser Herr, der Schulmeister in Wismar zu sein scheint, erklärt ganz einfach, daß ich „überhaupt nicht mehr zur Diskussion stehen sollte“. –
Fritz hat über die Tochter Niemann mit Frau Dr. Riemschneider telephoniert. Sie wird demnach morgen Nachmittag gegen 1/2 4 Uhr im Hafen Althagen ankommen. Dadurch entstehen bei uns allerhand Schwierigkeiten. Zunächst muß Martha ihre Teilnahme an der Beerdigung von Frl. Reinhard, die um die gleiche Zeit ist, absagen, Frl. v. Tigerström muß sie vertreten, während Martha selbst Frau Dr. R. abholen wird. Fritz u. ich haben um dieselbe Zeit eine Sitzung des Kulturbundes, bei der es sich darum handelt, daß die Fischlandkünstler sich als selbständige Sektion zusammenschließen sollen. Es ist unmöglich, dieser Sitzung fern zu bleiben. Ferner sollte morgen Nachmittag Ausgabe von Textilien gegen Bezugsscheine stattfinden, aber das läßt sich auf übermorgen verschieben. – Sodann das Problem: wo u. wie soll Frau Dr. R. mit Barbara wohnen? Und wie sollen wir die beiden ernähren? Vor Montag früh können beide hier nicht fort, da am Sonntag keine Verbindung besteht. Am Sonnabend Nachmittag will der Sudetenpfarrer zum Ueberfluß bei uns Gottesdienst abhalten. – Es wird in der Tat am besten sein, wenn wir die beiden bei Lukas=Saatmann unterbringen, obgleich das etwas ungastlich aussieht; aber wir wissen nicht, wie wir's im Hause machen sollen. Und zu essen haben wir z. Zt. so gut wie nichts, – es ist überaus schwer, daß wir selbst satt werden, was meist nicht möglich ist. – Es wird. sehr schwierig werden. Dazu kommt noch die tägliche Lichtabschaltung von 6 – 9 Uhr die wirklich sehr unangenehm ist. Es bleibt nichts anderes übrig als von 6 – 9 Uhr zu schlafen, aber mit dem Rest des Abends kann man dann nichts mehr anfangen.
Ich habe inzwischen wieder mit Fieber im Bett gelegen, heute am Vormittag bin ich aufgestanden, fühle mich aber sehr matt.
Am Freitag-Nachmittag hatten die Fischländer bildenden Künstler eine Versammlung bei Möller-Knecht.
Hans Brass: TBHB 1946-10-29. , 1946, Seite 2. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1946-10-31_001.jpg&oldid=- (Version vom 30.11.2024)