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auch bis heute nicht gelungen, eine Regierung für Frankreich zu bilden. Ehe es eine solche nicht gibt, kann auch die geplante Bermudakonferenz nicht stattfinden. So hält dieses alberne Gezänk der Franzosen untereinander tatsächlich die ganze Weltgeschichte auf u. die Russen lachen sich darüber in's Fäustchen. – Darüber vergißt man denn ganz, daß unser geliebter Staatspräsident Wilhelm Pieck nun schon sieben ganze Wochen in Urlaub ist, es sollte das eigentlich genügen, um sich zu erholen. Was würde in unserer Presse für ein Geschrei gemacht werden, wenn Dr. Adenauer sieben Wochen lang in Urlaub ginge. Wenn Wilhelm Pieck nicht bald zurückkommt, wird man ihn ganz vergessen haben u. kein Mensch wird mehr von ihm reden.

     Bettinchen ist jetzt etwas matt vom Impfen, sie ist zeitweise appetitlos, hat ein wenig Durchfall u. zeitweise etwas quängelig, aber alles in Grenzen. Die eine Impfpocke ist aufgegangen. Im großen Ganzen ist sie ganz vergnügt u. niedlich wie immer. – Auch Elisab. ist weiterhin in guter Stimmung. Sie hat in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag Bereitschaftsdienst gemacht, kam um 4 Uhr früh nachhause u. trat um 8 Uhr in Wuhlgarten ihren Dienst an, von wo sie gegen 3 Uhr nachm. nachhause kam, wo sie dann zwei gute Stunden geschlafen hat. Es hat sie angestrengt, aber sie war trotzdem in guter Stimmung. Immerhin möchte ich nicht, daß sie das wieder tut. Nachtdienst sollte sie nur am Wochenende tun, wenn sie am nächsten Tage schlafen kann. Morgen am Sonntag will sie wieder Bereitschaftsdienst tun von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends. Ich trauere darüber sehr, daß sie den ganzen Sonntag über nicht zu hause sein wird. Es ist das nicht sehr schön, aber unsere Geldbedrängnis zwingt leider dazu. – Ich hoffe, daß ich nun ein wenig dazu beitragen kann. Ich habe noch von Dr. Richter etwas Geld zu erwarten, nicht viel, aber etwas. Ich traf übrigens vorgestern den Kollegen Müller aus Friedrichshagen auf der Straße, der mir sehr stolz erzählte, daß er z. Zt. ein Bild von mir in seinem Hause habe, nämlich den „Junggesellen“, den ihm Dr. Richter gegeben habe, damit er einen hübschen Rahmen darum machen solle. – Am 1. Juli wird wohl hoffentlich Fritz 500,– M. schicken, am 1. Aug. nochmals u. dann wird ja hoffentlich auch Herr Dr. Wolf sein Versprechen wahr machen und ein Bild kaufen. – Die Gattin des Herrn Thim war sehr interessiert an dem Bild „Die Schiffbrüchigen“. Ich werde es ihr zunächst einmal mitbringen, wenn ich die anderen Bilder für das Musikstudio hinbringe, vielleicht entschließt sie sich doch für einen Kauf. –

     Zunächst aber sitze ich wieder fest. Ich habe kein Geld, ein neues Bild anzufangen,

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Hans Brass: Thim-Sieberg. , 1953, Seite 008. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:HansBrassTagebuch_1953-06-13_003.jpg&oldid=- (Version vom 1.3.2024)