Seite:Hennie Raché Belsazar 136.jpg

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Rahel (verächtlich): Glaubst du, daß du Rahels Liebe kaufen kannst um einen Thron und Purpur? Wahrlich, du schätzest den Stolz der Jüdin gering ein! Sind die Weiber deines Volkes käuflich für eine Handvoll Gold? Und mir das? O du, den ich nicht höher achte wie den Hund, der an der Schwelle meines Hauses liegt!

Belsazar (stößt einen zischenden Laut der Wut aus, geht langsam auf Rahel zu und bleibt dicht vor ihr stehen, zischend): Wenn du den Tod nicht fürchtest und den Schmerz, so werde ich deine Seele quälen, bis sie stirbt in deinem Leibe. Sollte meine Macht nicht stärker sein als dein Trotz? (er nähert sich dem Vorhange) He, Issar!


3. Scene.


Issar: Du befiehlst, o König?

Belsazar: Richte das Fest her, Issar... laß Wein herbeischaffen, Blumen! meine Tänzerinnen sollen kommen – schnell!

Issar: Ja, Herr! (ab)


4. Scene.


Belsazar (zischend zu Rahel): Weib! Ich werde den Altar besudeln, den du im Herzen deinem Gott aufgebaut hast!

Rahel will sich entfernen.

Belsazar: Bleibe! Du sollst bleiben! Ich werde die Stelle suchen, wo ich dein stolzes Herz verwunden kann! Und willst du mir deine Liebe nicht geben, so soll dein Schmerz meine Wollust sein.


5. Scene.


Die Vorhänge werden zurückgeschlagen. Sklavinnen und Tänzerinnen kommen herein und streuen Blumen umher, der Saal füllt sich mit Soldaten und Feldleuten. Große Weinkannen werden herbeigeschleppt.


Belsazar (hat seinen Thron bestiegen, laut): Nebo, wo bist du? Warum stehst du nicht zu meiner Rechten, um mir meinen Becher zu reichen?

Nebo (eilt herbei): Hier bin ich, o Herr! (er reicht Belsazar einen großen goldenen Becher)

Belsazar (nimmt ihn, betrachtet ihn und gibt ihn zurück): Der Becher ist schön, fürwahr! Sein Gold ist rot und glänzend und seine Edelsteine leuchten wie Sterne. Aber ich weiß, wo edlere Becher sind! Hier, diesen will ich nicht! Eile, Nebo, und hole mir die Gefäße aus dem Tempel Jehovas, des Judengottes! – Ich will gnädig sein und die Becher mit meinen königlichen Lippen netzen! Schnell, was stehst du noch da, du Hund von einem Mundschenk!?

Nebo (stammelnd): Herr – Herr – die Gefäße sind heilig – ich –

Belsazar (zornig): Ich werde dich in Stücke hauen lassen und aus deinem Schädel trinken, wenn du nicht gehorchst! Geh, sage ich dir!

Rahel zuckt zusammen und macht eine heftige Bewegung, dann bleibt sie wieder starr stehen. Leises Murren unter den Leuten.

Nebo: Herr, ich hole die Gefäße. (ab)

Belsazar: Trinkt, ihr andern! Trinkt den süßen Wein und seid fröhlich. Und du, Rahel, komm hierher und singe deinem Könige ein Lied!

Rahel (ruhig): Ich kann nicht singen!

Belsazar (höhnisch): Du kannst nicht singen? Und doch tönt deine Stimme wie die silbernen Schellen an dem Halse meiner Pferde? Du kannst nicht singen, sagst du?

Rahel (mit starker Stimme): Ich will nicht!

(Die Feldleute und Soldaten flüstern untereinander und schauen auf Rahel.)

Empfohlene Zitierweise:
Hennie Raché (1876–1906): Belsazar. Drama in 1 Akt.. , 1904, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Hennie_Rach%C3%A9_Belsazar_136.jpg&oldid=- (Version vom 9.3.2019)