Seite:Internationale Bibliothek (Müller, New York, 1887-1891) Heft 05 Seite 16.jpg

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in der Ehe von heute sich – es ist scheuslich, aber wahr! – nur als gesetzliche Nothzucht erweist. -

Die zunehmende individuelle Freiheit, weit entfernt, die Menschheit in Atome aufzulösen, wie Mancher denkt, bewegt sie zu gegenseitiger Achtung und Liebe. Je mehr die Menschen Gelegenheit haben werden, nach freier Entschliessung sich zu gemeinsamer Thätigkeit, zu solidarischem Genuss, zu irgend einem selbst gewollten Zwecke zu gruppiren, desto edler wird sich ihr Karakter gestalten, desto weniger werden sich Interessen-Verschiedenheiten kreuzen können. Als Endresultat eines solchen Spieles der humanitären Triebe wird die Harmonie der menschlichen Handlungen entstehen müssen.

Kurz, wir sehen auch in dieser Beziehung beim Anarchismus in jeder Hinsicht die Zweckmässigkeit den Ausschlag geben. Nicht die Direktion einer Autorität waltet da, sondern das Verlangen nach bestimmten Dingen, und zwar von Fall zu Fall; nicht nach geschriebenen starren Gesetzen, sondern nach wechselndem Bedürfniss. Und das nennen wir: natürliche Ordnung.

Werfen wir einen Blick aus der Vogelperspektive auf die anarchistische Gesellschaft, so erblicken wir folgende Grundzüge derselben:

Der Staat hat da weder Raum noch Zweck.

Die Kommune, als politischer Körper, ist ebenfalls überflüssig geworden.

Alle Lebenszwecke des Menschen werden durch entsprechende Organisationen oder Gruppirungen erreicht.

Dieselben sind nicht zentralisirt und nur so weit föderalistisch mit einander verbunden, als zur Erreichung der damit erstrebten Ziele unerlässlich ist.

Ein Privateigenthum an Land oder Kapital existirt nicht mehr.

Die Arbeitsmittel aller Art befinden sich in den Händen der verschiedenen gewerklichen Organisationen.

Wie die Handelsprellerei selbst, so ist auch deren Tausch-, resp. Tausch-Mittel, das Geld im heutigen Sinn, abgeschafft worden.

Kunst und Wissenschaft werden, gleich der Waarenproduktion durch Gruppirung der betreffenden leistungsfähigen Kräfte gepflegt.

Das Erziehungs- und Bildungswesen erfreut sich der grössten Sorgfalt und ermöglicht es Jedem, sich genugsam geistig zu entwickeln, um fähig zu sein, die Ergebnisse von Kunst und Wissenschaft zu geniessen.

Das solchermassen sich stetig erweiternde Wissen aller Menschen hebt das Glauben auf und sichert die Unmöglichkeit alter oder neuer Religionen.

Das vollkommenste Selbstbestimmungsrecht der Frau, die ja, gleich dem Manne, wirklich frei geworden, liegt auf der Hand.

An Stelle der Gesetzgeberei tritt die Entschliessung von Fall zu Fall. Niemand wird regiert; Jeder ist Mitglied zahlreicher Korporationen, denen er sich nach freier Auswahl anschliesst; Keiner, ist gezwungen, gegen seine Neigung zu handeln.

Das ist Anarchie!

Joh. Most.