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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis


ISIS

oder
Encyclopädische Zeitung.
I. 6. 1817.


Indessen thut doch die Göttinger Societät, ungeachtet dieser kleinlichen Unterstützung von Seiten der Regierung etwas; allein die andern Akademieen verschlafen die Hälfte des guten Willens ihrer Regierungen, oder verirren sich in Preisaufgaben, die kein Mensch lösen kann.

Von den Franzosen, Engländern und Italiänern muß man loben, daß ihre Akademieen unermüdlich sind, und vortreffliche Arbeiten liefern, wogegen unsere Gesellschaftsschriften kaum etwas zu setzen vermögen. Woher kommt es? Vorzüglich daher, daß in diesen Ländern Gelehrte aus allen Wissenschaften an der Staatsverwaltung Theil haben, daß diese nicht bloß den Händen eines einzigen Standes überliefert ist, der, so weise und gerecht er auch seyn mag, doch schlechterdings nicht alles wissen kann. Man sagt freilich: der Jurist kann ja die andern Facultäten fragen. Allein was man durch abgerissene Fragen lernt, in einer Wissenschaft, die man nicht als ein Ganzez, als System kennt, weiß jeder Gebildete. Was einem wissenschaftlichen Fach fehlt, was dazu noch kommen soll, was dafür aufzuwenden ist, welche Pfleger, welche Gelehrte dazu tauglich sind, kann nur der wissen und fühlen, der sich gründlich darinn umgesehen hat, nicht der, welcher durchs Fenster hinein einige Fragen wirft, und einige Antworten heraus auffängt.

Was den Zustand der Preisaufgaben in diesen Ländern betrifft, so ist wenig daran auszusetzen; nur sind für die Größe und den Reichthum dieser Länder viel zu wenige Preisvertheilung, mithin viel zu wenig Aufmunterung. Da wir uns nicht gescheut [42] haben, noch während der Franzosenherrschaft unsere Meynung gegen Napoleon öffentlich zu sagen; so dürfen wir auch jetzt ohne Bedenken loben, daß unter ihm die Preisaufgaben in Frankreich allein einer Regierung würdig waren. Darum wurden auch wichtige Fragen gelöst, Lösungen die vorzüglich uns Deutschen große Ehre brachten. Hätte er nicht Tausende als Preis gesetzt, so hätte sich niemand gerührt, wie sich bei uns denn niemand für die Dutzende rührt.

Schweden und Dänen sind wie wir Deutsche zu arm, als daß sie viel auf Akademieen und Preise verwenden könnten; aber sie haben doch nicht den Kitzel wie wir, es auch in diesem den Grands Nations gleich zu thun. Bei ihnen liefern die Einzelnen mit Aufopferungen, da sie ein kleines Publicum haben, vortreffliche Arbeiten, und besonders unterstützt die Dänische Regierung viele Einzelne, welches viel klüger ist, als Akademiker zu mästen.

Vor allem müssen wir die Holländer loben. In keinem Land sind so viele Preisanstalten als in diesem, und in keinem Land waren, bis vor kurzem so große und wirklich ehrende Preise, die auch mehr wichtige Beantwortungen veranlaßt hätten, als hier. Es ist nur zu bedauren, daß sie sich diesen wohl erworbenen Ruhm durch den eingenisteten Handelsgeist verkümmern, und diese Preisaufgaben nicht selten zu einem Erwerbmittel herabwürdigen, indem sie einige 100 fl. Preis bezahlen, dafür aber die Abhandlung behalten und verkaufen, wofür sie nicht selten Tausende einnehmen müssen. Jede wahrhaft kunstliebende Preisanstalt muß dem Schriftsteller den Gewinn

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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis. Brockhaus, Jena 1817, Seite 41–42. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Isis_1817_21.jpg&oldid=- (Version vom 17.6.2018)