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Lorenz Oken (Hrsg.): Isis

genießen wir der Preßfreiheit. Wenn Fürsten solche Gerechtigkeit üben, um wieviel mehr muß eine Empfindlichkeit unterdrückt werden, die bewiese, daß das deutsche Volk noch keiner Freiheit fähig ist. Was sagen sich die Engländer für Grobheiten! Fällt es aber einem ein, deßhalb zu flennen und vor dem Richter wie vor einer vergnädigen Mutter zu klagen? Wer lügt, wer verläumdet, wird von der Welt am sichersten gerichtet, wer ein Raufer ist, wird geflohen. Ist das nicht die größte Strafe?

8) Diese Zeitschrift zerfällt in drei Theile.

  1. in Abhandlungen.
  2. in Beurtheilungen.
  3. in Anzeigen.

a. Die Abhandlungen liefern alles, was auf der Erde litterarisch zum Vorschein kommt. Zu diesem Behufe sind die Zeitschriften aller Sprachen, vorzüglich der englischen, französischen und italiänischen angeschafft. Außerdem werden nach Vermögen eigene, ganz neue Aufsätze geliefert.

Die Hauptgegenstände sind a) die Naturwissenschaften, Physik, Chemie, Naturgeschichte, vergleichende Anatomie, Physiologie, Medicin, endlich Technologie und Oekonomie.

b. Die Kunst, Mythologie, Archäologie.

c. Die Geschichte, vorzüglich vaterländische aus dem Mittelalter, Reisen, Geographie.

d. Einige Gegenstände können nur sparsam aufgenommen werden; dergleichen sind Redkunst, Dichtk., Sprachk., Staatsk., Geistesphilosophie von der betrübten Logik an bis zur witzigen Moral.

e. Andere werden kaum eine Stelle finden, z.B. Theologie und Jurisprudenz, weil sie sich zu sehr vom Menschlichen zurückgezogen haben.

f. Von eleganten Unterhaltungen, Theaterstreichen, von Ueberschwemmungen, Feuersbrünsten, Beinbrüchen, Diebstählen und dergleichen merkwürdigen Dingen wird bei uns nicht gesprochen.

Da die Naturwissenschaften und Reisen am meisten Unterhaltendes und Belehrendes darbieten, auch durch sie der Mensch erst seine eigentliche Bildung erhält, indem er nur durch sie erfährt, wohin er gestellt, wohin die andern Dinge um ihn gestellt sind, wodurch ihm erst der Maaßstab zur Würdigung seiner selbst und anderer in die Hand gegeben wird, er auch einzig und allein aus der Erkenntniß der Natur zur Erkenntniß des Menschen, zur Erkenntniß Gottes, und zur Einsicht in das Verhältniß Gottes zur Welt und dieser zu ihm, kurz zur Religion gelangt, uns endlich diese Zweige der Wissenschaften die liebsten und bekanntesten sind: so werden wir es uns angelegen seyn lassen, alles Wichtige hierüber zu sammeln, es nach gewissen Gesichtspuncten zusammenzustellen, Folgerungen daraus zu ziehen, und diese zu Zeiten so zu ordnen, daß nach und nach eine Einsicht in das große Räderwerk der Natur hervorgehen kann. Wir hoffen hirinn dem wissenschaftlichen Mann wissenschaftlich brauchbare Gegenstände an die Hand zu geben, so daß er sich in unserem Blatt über alle Entdeckungen, treuen, glaubwürdigen Raths erholen kann, während wir die Darstellung so einzurichten trachten, daß jeder Gebildete daran freundlichen Antheil nehmen mag.

In das Besondere ausgesponnene chemische, physikalische, mathematische Abhandlungen oder gar langweilige Krankengeschichten gehören den betreffenden Zeitschriften. Recensionen aber aller dieser und vorzüglich medicinischer Schriften, wie summarische Uebersichten alles dessen, was in diesen Wissenschaften jährlich geleistet worden, und kurze Anzeigen solcher Entdeckungen und Arbeiten werden eine besondere Pflege erhalten. Bei medicinischen Gegenständen thut eine kräftige Einwirkung um so mehr Noth, sintemal die medicinisch-chirurgische Zeitung weit unter die Mittelmäßigkeit herunter getummelt ist.

Die Oekonomie und Technologie fangen an, in die Reihe der wissenschaftlich begründeten Geschäfte zu treten; jene ist so zu sagen die angewandte Naturgeschichte Physik und Chemie, diese die ins Leben geführte Mathematik Physik und Chemie, beide verdienen daher, wo sie so erscheinen, mit den andern Naturwissenschaften nach gleichem Rang behandelt zu werden.

Die Kunst und ihre Gehilfen, die Mythologie und Archäologie stehen bei uns in geziemender Verehrung. Jeder Gebildete ist ihr hold. Sie erfreut das Leben, erhebt das Gemüth, löst die geheimsten Räthsel der Philosophie auf sinnliche, fast greifbare Weise, und ist ein heiliges Mittelglied zwischen Leben und Wissen, zwischen Genießen und Glauben, zwischen Welt und Gott. Kunst ist personificierte Religion. Ohne Kunstgegenstände ist das Herz erstorben. Bilderstürmer erschlagen die Menschheit. Wir werden das Bild der Idee in Schutz nehmen. Es ist jedem begreiflich, auch dem, der im Schweiß seines Angesichts die Mutter Erde eröffnet. Die Ideen gehören dem müssigen Stand, der ohne Bild begreift.

Geschichte ist Weltregent. Ihr muß man gehorchen, daher ihre Dekrete kennen lernen. Staaten, in denen keine Geschicht ist, die täglich eine neue Politik haben, so wie sie der Wind zubläst, die nach jedem Lichtlein haschen, das Gold und Land scheint, wie die Frösche welche nach dem rothen Lappen hüpfen, werden eines ähnlichen Todes verreweln. Die Geschichte schreitet als ein schauerlicher Riese daher über Strom und Felsen, über Loco Sigilli und Schlagbaum, lachend über solche Anstalten, welche Geist und Bein fangen wollen, und im Fang überburzeln. Es wird die Kühnheit eines Narren erfordert, wenn einer die Geschichte bannen will. Die Geschichte aber ist die Menschheit; einer aber ist Nichts. – Darum sey die Geschichte der Spiegel dieser Zeitschrift, die Natur ihr Fußboden, die Kunst ihre Säulenwand. Den Himmel lassen wir uns offen.

Was nun die sparsamlichen Wissenschaften betrifft, so seyen Hauptwerke, Haupterzeugnisse nicht ausgeschlossen. Was Klassisch ist in jeder Art, habe hier freie Einkehr. Aber jeder Predigt, jedem Roman, jeder Sylbenverbesserung, jedem Finanzschweiß, jedem Traum über Geistesgesetze, jedem moralischen Plagkoder

Empfohlene Zitierweise:
Lorenz Oken (Hrsg.): Isis. Encyclopädische Zeitung. Brockhaus, Jena, Heft 1, 1817, Sp. 5–6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Isis_1817_3.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)