Seite:Köster Alterthümer 008.png

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Lebens geblieben. Die Communal-Angelegenheiten wurden bisher hier, wie im Alten Lande, von erwählten Hauptleuten besorgt, unter dem Vorsitze eines Gräfen; und so gab es zwei Gräfen-Gerichte, Bützfleth und Freiburg, jedes von vier Kirchspielen; woher das Kirchspiel Oederquart den Namen hat. Dem Kehdingschen entlang liegen mehrere uneingedeichte Elbinseln, Sände genannt, und die größte derselben, Krautsand, bildet seit 1682 ein eigenes Kirchspiel.

Die Wurster (Wurthsaten oder Wurstfriesen) an der Unterweser heißen so von den Wurthen, zum Schutz gegen die Fluth aufgeworfenen Hügeln, auf denen ursprünglich ihre Wohnungen lagen. Sie haben den friesischen Charakter am längsten behauptet, namentlich den Sinn für communale Freiheit und Selbstregierung. Die friesische Sprache ist daselbst erst um das Jahr 1740 verschwunden, und friesisch sind noch jetzt die Ortsnamen Dorum, Mulsum, Midlum, die Manns-Namen Eide, Siade, Tante, Adickes, Lübs, und die Frauen-Namen Imme, Jibke, Nanne u. s. w. Der Hauptort Dorum bildet die Mitte zwischen vier südlichen und vier nördlichen Kirchspielen; und scheint somit die Vierzahl in den Marschen beabsichtigt zu sein. Die Ortsverwaltung liegt in den Händen erwählter Kirchspiel-Voigte, an deren Spitze sonst ein Großvoigt stand. Der Wurster Marschboden ist weniger tief, daher leichter zu bearbeiten, aber auch nicht so ergiebig, als der an der Elbe.

Die Landschaft Osterstade erinnert an den Volksstamm der Stedinger, welche einst beide Weser-Gestade, das (östlich) Bremische und das (westlich) Oldenburgische, inne hatten: sie umfaßt im weiteren Sinne die ehemalige Grafschaft Stotel, nördlich davon das Vieland, welches von dem niedrigen, wasserreichen Boden (Vie) so genannt wird, und gegen Süden das eigentliche Osterstade. Eine Enclave derselben bildet das Land Wührden (Kirchspiel Dedesdorf), welches durch die Verheirathung einer Gräfin von Stotel an das Großherzogthum Oldenburg gekommen ist. Osterstade zeichnet sich aus durch seine für die Hornviehzucht günstigen Weiden; aber Bäume sind dort eine Seltenheit. Die Ortsvorsteher heißen Swaren (Geschworne), und eine Eigenthümlichkeit des historisch sehr merkwürdigen Ländchens

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 008. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_008.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)