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vor Stade, ein ernster Mann, welcher im Eingange seiner bekannten Chronik also über seine Zeit urtheilt: „Vielleicht wird von den Nachkommen gefragt werden, wie der Zustand unseres Jahrhunderts beschaffen gewesen? Wir antworten ihnen: rar fides ideo est, quia multi multa loquuntur. Alle rauben, was ihnen nicht gehört; Wenige opfern, was ihnen gehört. Wir fürchten in der That, daß das Wort Christi jetzt vor der Thür sei: dieweil die Ungerechtigkeit überhand genommen, erkaltet die Liebe in Vielen (Matth. 24, 12.)“

Im späteren Mittelalter wurden um 1350 die freien Kehdinger von den Erzbischöfen Gieselbert und Burchard längere Zeit mit Krieg überzogen und, weil es ihnen an Gemeingeist fehlte, unterworfen: sie behielten zwar ihre freiere Communal-Verfassung; aber viele ihrer Güter wurden den Rittern geschenkt, welche Kriegshülfe geleistet hatten. – Aus dem Ende des funfzehnten Jahrhunderts (1498) ist zu merken der Raubzug der schwarzen Garde unter Junker Slenz, angestiftet durch die Herzöge von Lauenburg, welche dem Erzbischof Johann (Rode) das Land Wursten entreißen wollten: derselbe mißlang jedoch, und die zusammengelaufene Schaar wandte sich darauf nach Ditmarschen. Uebrigens scheint der Zustand der Provinz im vierzehnten und funfzehnten Jahrhundert kein übler gewesen zu sein: er bewährte das Sprichwort, daß unter’m Krummstabe gut wohnen sei. Denn Justiz und Polizei wurden mit geistlicher Strenge verwaltet; große Kriege blieben fern; der Abgaben waren wenige, und der Handel blühete; wodurch namentlich Stade sich bedeutend hob. Aus dieser Zeit stammen auch die meisten unserer alten massiven Gotteshäuser und die Ornamente darin: Bilder, Orgeln, Glocken und bronzene Taufgefäße.

Im Ganzen saßen auf dem bischöflichen Stuhle zu Bremen bedeutendere Männer, als auf dem zu Verden: jene waren freilich überdies die ungleich mächtigeren. Zu ihnen gehörte auch, um 1480, der eben erwähnte Johann Rode, der letzte Erzbischof von bürgerlicher Herkunft. Um das Domkapitel zu beschwichtigen, wählte er klüglich den Herzog Christoph von Braunschweig, welcher bereits Bischof

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 021. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_021.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)