Seite:Köster Alterthümer 108.png

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Wissenschaften und führte persönlich einen streng sittlichen Wandel. Als Luther gegen den Pabst aufgetreten war und seine Schriften von Wittenberg aus durch Deutschland flogen, zündete solch ein fliegendes Blatt in dem Herzen des jungen Mönchs von Walkenried. Er entsprang aus dem Kloster. Es war nichts in demselben, das ihn daran hätte fesseln können; das Wohlleben daselbst hatte wenig Reiz für ihn, und sein eigner ernster Lebenswandel hatte ihm keine Freunde erworben. Ohne festen Plan kam er nach Bremen, wo die Pfarre zu St. Remberti gerade erledigt war. Bei den Bauherren – so heißen in Bremen die Kirchenvorsteher, denen die Predigerwahl zusteht – legte er offen sein Leben, seinen Abscheu gegen das Mönchswesen und seine Neigung zu der lutherischen Lehre dar. Nichts konnte den Bauherren, welche selbst eifrigen Antheil an Luthers Bestrebungen nahmen, erwünschter kommen, als dies offene Bekenntniß des Mönchs. Sie übergaben ihm die Pfarre, verschafften ihm leicht Verzeihung für seine Flucht von dem Abt zu Walkenried, welcher ihn gar nicht zurückwünschte, und so nannte er sich Bruder Johann, Kirchherr zu St. Remberti. Einige Jahre lang wirkte er im Stillen für die neue Lehre, behielt aber die katholischen Ceremonien bei. Entweder wußte er die katholischen Formen mit seinen noch schwankenden Ueberzeugungen in leidlichen Einklang zu bringen, oder er hielt sie für wirklich nothwendig. Er nahm auch eine Frau zur Ehe, doch heimlich. Dies war leicht geheim zu halten, weil damals jeder katholische Geistliche ohne Ausnahme ein Kebsweib hatte. Bei Bruder Johann war nur der Unterschied, daß er die Frau, welche in seinem Hause war, wirklich geheirathet hatte, und daß es – was ihm nachher verderblich wurde – eine Nonne war.

Die Zeiten wurden stürmisch: es gährte in dem Volke. Die Stellung der katholischen Geistlichen in Bremen wurde schwankend und unhaltbar. Es war im Jahre 1526, als auch an Bruder Johann die Nothwendigkeit immer drängender herantrat, nach einer Seite hin sich zu erklären. Seinen Amtsbrüdern in Bremen wurde es sehr leicht, denn sie reformirten sich im folgenden Jahre, ohne daß es ihnen,

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 108. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_108.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)