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dann aber der größeren Sicherheit wegen im Jahre 785 in das damals schon blühende Bardowiek verlegte. Indessen bestimmte Karl der Große zehn Jahre später Verden zum bleibenden Bischofssitze, nachdem er im Feldzuge vom Jahre 782 an diesem Orte über die Weser und Aller vorgedrungen war und in dessen Nähe nach der volligen Eroberung des Gaues Sturmi 4500 Eingeborene zur Strafe für den verrätherischen Abfall ihrer Anführer und die schändliche Ermordung wehrloser Christen, ohne Schonung hatte hinrichten lassen. Zwar vereinigten sich die Sachsen, über die beispiellose Strenge des Königs zur glühendsten Rache entflammt, auf’s Neue zum Kampfe; doch mußten sie, so muthig und entschlossen sie auch Widerstand leisteten, endlich dem siegreichen und überlegenen Feinde weichen und sich im Jahre 803 in den Friedensverhandlungen zu Selze zur fränkischen Heerfolge, zur unbedingten Annahme des Christenthums und zur Entrichtung des Zehnten von allen Viehheerden und allen Früchten des Feldes an die Kirche bequemen.

Mit der allmählichen Verbreitung des Christenthums gewann auch Verden immer mehr an Bedeutsamkeit und Ansehen in der Umgegend. Die Ansiedelung des Bischofs und seiner Gehülfen erfolgte indessen nicht in dem damaligen Verden selbst, sondern einige hundert Schritte südlich von demselben, wo die Geistlichen die erste unvollkommene Domkirche und daneben für ihren gemeinschaftlichen Aufenthalt ein Kloster erbauten. Aus der ferneren Ausbildung dieser Ansiedelung theils durch Schutz suchende Fremde, theils durch Untergebene des Bischofs und der Geistlichkeit entstand in der Nähe des Doms eine Capitelstadt, (villa episcopalis), aus welcher sodann die Süderstadt hervorgegangen ist, während sich nördlich von derselben ein Verein von Freien zusammenzog und die Norderstadt bildete, welche ihre Unabhängigkeit von der geistlichen Herrschaft das ganze Mittelalter hindurch behauptete. So zerfiel schon frühzeitig der Ort, in zwei wesentlich verschiedene Bestandtheile, deren Unterschiede in Betreff mancher Rechte und bürgerlichen Verhältnisse noch bis auf den heutigen Tag fortbestehen.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 167. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_167.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)