Seite:Köster Alterthümer 228.png

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Acker und säeten Rübsaat. Die Saat ging auf; die jungen Rüben, von der Sonne angelacht, wurden immer dicker, und als das Kraut anfing gelb zu werden, riefen sie den Teufel, seinen Theil zu nehmen. Aber wie verjagte der sich, als er sah, daß er angeführt war! Doch tröstete er sich damit, daß der Klügste sich wohl Einmal über’s Ohr hauen läßt, aber nicht zum zweiten Mal. Voll Aerger rief er den Bauern zu: „über’s Jahr könnt ihr nehmen, was über der Erde steht, und ich will haben, was in dem Boden wächst.“ Nun waren die Bauern fleißig dabei, Winterrocken zu säen; und der liebe Gott gab Regen und Sonnenschein; und bald statt der braunen Windeln den ersten grünen Kinderrock, so daß der Acker grün wie eine Wiese war. Dann warf er eine weiße Decke darüber, daß Frost und Eiswind nicht schaden könnten.

Da wurde den Leuten die Zeit lang und ihr Verlangen nach Ostern immer größer. Kaum aber hatte die Sonne den Winter nach Norden verwiesen, da gingen sie frisch wieder an’s Werk und warfen in das übrige Land Gerste, Hafer und Buchweizen. Nach vollbrachter Arbeit falteten sie ihre Hände und sprachen ihr Gebet: „gebe Gott uns Seinen Segen und helfe uns gegen den unverschämten Teufel.“ Von Nacht zu Nacht, von Tage zu Tage wuchs nun das Winterkorn und das Sommerkorn in die Wette: es war, als wenn in der Nacht Engel vom Himmel mit kleinen silbernen Kneipzangen, vom Thau benetzt, jeden Halm länger zogen. Die Aehren kamen heraus; sie kuckten gen Himmel demüthig bittend, und darum bekamen sie auch in voller Maaße das Ihrige. Aus Dankbarkeit neigten sie sich immer tiefer und tiefer: einstmals kuckten sie vor Sonnen-Aufgang ihre Füße an und erkannten, daß die alle gelblich würden. Da sprachen sie zu den Menschen: „jetzt ist es Zeit: schneidet uns ab mit Jauchzen, daß wir fröhlich sterben und legen uns in Garben!“ Die Leute thaten, wie ihnen gesagt war; und wenngleich das Schneiden mit Feuersteinen, weil sie keine Sense, Sichel oder Messer von Eisen oder Kupfer hatten, nur langsam ging, so kamen sie doch damit zu Ende. Darauf stellten sich bei dem Acker alle Manns- und

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Köster: Alterthümer, Geschichten und Sagen der Herzogthümer Bremen und Verden. Stade: In Commision bei A. Pockwitz, 1856, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:K%C3%B6ster_Alterth%C3%BCmer_228.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)