Seite:Kapp, Aus und über Amerika, Band 1, S 370.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Friedrich Kapp: Reinhold Solger. In: Aus und über Amerika, Band 1

Protokoll, der Hohn auf Deutschland, die Kränkung der Rechte Holsteins und der Angriff auf Deutschlands Integrität und nationale Entwicklung sind einige der schlimmsten Früchte dieser Unterlassugssünden. Was auch immer in Europa geschehen mag oder geschehen kann, um die so unverzeihlich vernachlässigte Unterstützung der öffentlichen Meinung wieder zu gewinnen, Solger und seine hiesigen Freunde erkannten es als ihre Aufgabe, hier zu wirken und betrachteten es schon als einen ungeheuren Schritt vorwärts, wenn die eine der drei großen Mächte des Westens sich mit ihren Sympathien an die deutsche Sache binden ließe, wodurch möglicher Weise zugleich der unmittelbare Rückschlag auf Europa bewirkt werden konnte. Solger hatte einige Monate vorher zwei Artikel „The Sleswick Holstein Question“ für die N.-Y. World geschrieben, welche allgemeines Aufsehen erregten. Seine klare und eindringliche, bewunderungswürdig auf das amerikanische Verständniß berechnete Darstellungsweise veranlaßte den genannten amerikanischen Gesandten in Kopenhagen, sich um weitere Aufklärung über die deutsch-dänische Frage an Solger zu wenden. Sofort setzten diesen seine Freunde in den Stand, eine ausführliche Denkschrift über diese Angelegenheit auszuarbeiten, welche als Grundlage zu einem, vom Gesandten an das Kabinet in Washington zu erstattenden Berichte dienen konnte. Solger löste die Aufgabe vortrefflich und wirkte namentlich zwei Jahre später, als der Tod des Königs von Dänemark diese Frage wieder in den Vordergrund drängte, auch in weiteren Kreisen für die deutsche Auffassung.

In der amerikanischen Politik nahm Solger natürlich in den Reihen der republikanischen Partei von ihrem ersten Auftreten an eine entschiedene Stellung ein. Er betheiligte sich lebhaft an der Kampagne von 1856 und 1860, hielt in verschiedenen Staaten Reden, „stumpte“ sogar für Lincoln in ganz Indiana (wofür ihm die Partei nie einen Heller seiner Auslagen bezahlt hat), hatte aber auf diesem Felde verhältnißmäßig geringen Erfolg, weil er nicht populär sprach und die Massen nicht zu entzünden vermochte. Solger wurde in einer Volksversammlung nicht warm, der Katheder klebte ihm zu sehr an, er wollte überzeugen, belehren und wußte nicht hinzureißen. Er war zu abstrakt, zu ernst trocken und in seiner Erscheinung zu aristokratisch. Das Volk nahm den sarkastischen




Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Kapp: Reinhold Solger. In: Aus und über Amerika, Band 1. Verlag von Julius Springer, Berlin 1876, Seite 370. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kapp,_Aus_und_%C3%BCber_Amerika,_Band_1,_S_370.png&oldid=- (Version vom 1.8.2018)