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sollen. Aber sage mir, guter Delphin, wie war das eigentlich mit Arion?

2. Delphin. Periander hatte, denke ich, großes Gefallen an ihm, und ließ ihn öfters zu sich kommen, um sich an seinem kunstvollen Gesang und Spiel zu ergötzen. Reichlich belohnt von diesem Herrscher wollte sich Arion zu den Seinigen nach Methymna begeben, um ihnen seinen Reichthum zu zeigen, und bestieg ein Fahrzeug, das einer Bande schurkischer Gesellen angehörte. Als er sie nun das viele Gold und Silber sehen ließ, das er bei sich hatte, faßten sie, sobald sie mitten auf dem ägäischen Meere waren, einen Anschlag gegen sein Leben. Da sprach Arion (ich schwamm nämlich dicht neben dem Schiffe her und hörte Alles): „Nun denn, weil ihr das über mich beschlossen habt, so laßt mich wenigstens mein Sängergewand anlegen, und mir selbst einen Todtengesang singen, und mich dann freiwillig in’s Meer stürzen.“ Sie erlaubten es ihm, und so sang er, feierlich als Sänger angethan, ein wunderliebliches Lied: hierauf stürzte er sich in die See, in der Meinung, seinen augenblicklichen Tod zu finden. Ich aber faßte ihn auf, nahm ihn auf meinen Rücken, und schwamm mit ihm nach dem Tänarus.

Neptun. Ich lobe deine Liebe zur Tonkunst: du hast ihm für den Genuß, den sein Gesang dir gewährte, würdig gelohnt.

Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 195. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0195.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)