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4. Simylus. Und wen bezeichnete denn dein letzter Wille als Erben? Vermuthlich einen aus deiner Verwandtschaft?

Polystratus. Nein, wahrhaftig nicht; sondern einen vor kurzem erst gekauften schönen jungen Sclaven aus Phrygien.

Simylus. Wie alt ungefähr?

Polystratus. Gegen die zwanzig.

Simylus. Ha, ich kann mir seine Verdienste vorstellen.

Polystratus. Wenigstens war er würdiger, als alle Uebrigen, mich zu beerben, wiewohl er ein Ausländer und ein Taugenichts ist. Auch werden ihm, seitdem er im Besitz meines Vermögens ist, von den Angesehensten der Stadt Aufwartungen gemacht; man zählt ihn, trotz seines glattgeschornen Kinnes[1] und seiner barbarischen Mundart, zu den edelsten Geschlechtern, und heißt ihn adeliger als Codrus, schöner als Nireus, klüger als Ulysses.

Simylus. Meinetwegen mögen sie ihn zum Gouverneur von ganz Griechenland machen: nur soll ihnen einmal seine Erbschaft nicht zufallen.


  1. Kennzeichen derer, die sich zu unreinen Diensten erniedrigten.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. Stuttgart: J. B. Metzler, 1827–1832, Seite 225. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0225.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)