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wirklich erreicht würde. Allein auf eine ungewisse Erwartung von Genüssen hin einer Menge von Widerwärtigkeiten sich unterziehen, das ist unstreitig eben so thöricht als lächerlich, um so mehr, als man ja im Voraus klar genug sieht, wie unvermeidlich die letztern sind, während das gehoffte Angenehme, von welcher Art es auch seyn mag, in so langer Zeit noch Keinem zu Theil geworden, noch auch, wie aus guten Gründen zu schließen ist, jemals Einem zu Theil werden wird. Wenn daher die Gefährten des Ulysses[1] über dem süßen Lotus, den sie kosteten, alles Uebrige vergaßen, und im Augenblicke des Genusses das Wichtigere nicht achteten, so wird uns das Nichtachten keineswegs befremden, da ihre Seele ganz und gar mit dem Angenehmen der Gegenwart beschäftigt war. Würde hingegen Einer mit dem hungrigen Magen dabei stehen und zusehen, wie der Andere den süßen Lotus verspeist, und über der bloßen Hoffnung, er werde wohl endlich auch einmal davon zu kosten kriegen, alles Ehrenhafte und Rechte vergessen, – zum Herkules, ein solcher Narr verdiente nicht sanfter als dort die Homerischen Lotusesser zurecht gewiesen zu werden!

9. Mit dem Bisherigen werden nun so ziemlich alle die Beweggründe dargestellt seyn, aus welchen so Manche das Leben in großen Häusern suchen, und sich in die Hände der Reichen, zu jeder Diesen beliebigen Behandlung, ausliefern. Noch könnte allenfalls Derer Erwähnung geschehen, die sich bloß von der Ehre anlocken lassen, die Hausgenossen hochadeliger und bepurpurter Herren zu seyn; denn es gibt wirklich


  1. Odyss. IX, 94. ff.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 448. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0448.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)