Seite:Lucians Werke 0492.jpg

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daß ich nichts Tüchtiges zu meiner Vertheidigung anzuführen wisse? Allenfalls hälte ich noch einen Nothanker im Rückhalt; ich könnte nämlich über mein Alter, meine Kränklichkeit, so wie über die Mittellosigkeit Klagen führen, welche Einen, nur um ihrer los zu werden, zu dem Aeußersten treiben kann. Da wäre es wohl nicht uneben, des Euripides Medéa auftreten, und mit einer kleinen Veränderung folgende Stelle zu meinen Gunsten recitiren zu lassen:

Ich weiß, wie Schlimmes ich zu thun entschlossen bin;
Doch Armuth hat in mir den bessern Sinn besiegt.[1]

Denn die Stelle des Theognis fällt hier Jedem auch ohne mein Erinnern ein, wo er, um der Armuth zu entgehen, nöthigenfalls sogar von hohen Felsen in des Meeres tiefste Tiefen sich zu stürzen räth.

11. Das wäre also so ziemlich Alles, was Einer in einem Falle, wie der meinige, zu seiner Vertheidigung vorbringen könnte: allein ich kann nicht bergen, daß keiner dieser Punkte mir gut genug aussieht, um mich auf ihn verlassen zu wollen. Du hast also nicht zu besorgen, mein Bester, daß ich von irgend einem derselben im Ernste Gebrauch machen werde. Ein altes Sprüchwort zu Argos sagt: „bewahre uns der Himmel vor einem solchen Hunger, daß wir unsere Cyllarabis[2] ansäen müßten!“ Eben so bin auch ich noch nicht so arm an tüchtigen Rechtfertigungsgründen, daß ich in der Verzweiflung Ausflüchte, wie Jene, suchen müßte. Ich


  1. Aus Eurip. Medea 1078, wo Zorn steht statt Armuth.
  2. Ein heiliger, zu gymnastischen Uebungen, bestimmter Platz zu Argos im Peloponnes.
Empfohlene Zitierweise:
Lukian von Samosata: Lucian’s Werke. J. B. Metzler, Stuttgart 1827–1832, Seite 492. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Lucians_Werke_0492.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)